Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

II. Wasser. $ 97. 249 
Verwaltungsbehörden gebildet und sind für die Ausübung ihrer Funk- 
tionen mit öffentlicher Autorität bekleidet. Derartige Verbände be- 
stehen. seit alter Zeit für das Deichwesen. Im Laufe des 19. Jahr- 
hunderts sind sie namentlich für die Zwecke der Entwässerung und 
Bewässerung in das Leben gerufen. Die älteren gesetzlichen Be- 
stimmungen beziehen sich meist nur auf diese beiden Arten von Ge- 
nossenschaften ®. In neuerer Zeit sind unter dem Einfluß der fran- 
zösischen und preußischen Gesetzgebung allgemeinere Bestimmungen 
über Wassergenossenschaften getroffen worden !®.. Diese Ge- 
nossenschaften zerfallen namentlich nach preußischem und französi- 
schem Recht in freie (associations libres) und öffentliche (associations 
autorisdes). Die freien Genossenschaften werden durch Vertrag der 
Beteiligten gebildet. Sie haben den Charakter privatrechtlicher Kor- 
porationen und besitzen keinerlei obrigkeitliche Befugnisse. Die Dar- 
stellung ihrer Rechtsverhältnisse gehört dem Privatrecht an, eine 
Einwirkung der Regierung auf sie besteht nur in dem Umfange, in 
dem eine solche gegenüber allen privatrechtlichen Korporationen statt- 
findet. Die öffentlichen Genossenschaften dagegen werden durch 
einen Beschluß der staatlichen Behörde, also durch einen rechts- 
begründenden Verwaltungsakt, in das Leben gerufen'*. Sie haben 
gegenüber ihren Angehörigen obrigkeitliche Befugnisse, namentlich 
kann der Vorstand Anordnungen gegen einzelne Mitglieder der Ge- 
nossenschaft durch Androhung von Geldstrafen erzwingen oder die 
von ihnen zu prästierenden Leistungen auf ihre Kosten durch andere 
Personen ausführen lassen; Beiträge und Strafen werden im Wege 
der administrativen Exekution beigetrieben !°. Anderseits unterliegen 
die öffentlichen Genossenschaften einer eingehenden Aufsicht des 
Staates!“. Die öffentlichen Genossenschaften sind nicht identisch 
mit Zwangsgenossenschaften ; vielmehr bestehen sie, ebenso wie die 
freien Genossenschaften, regelmäßig aus freiwillig zusammentretenden 
Personen; nur zum Zweck von Bewässerungen und Entwässerungen 
ist überall eine zwangsweise Bildung zulässig !7. 
12 Vgl. $ 9818 und $ 99. 
„. „” Franz. @. vom 21. Juni 1865 mit elsaß-lotlır. G.&. vom 11. Mai 1877 und 
30. Juli 1890. Preuß. G. vom I. April 1879 mit den Abänderungen. Bad. [Wass. 
. $ 50], welches die für Bewässerungs- und Entwässerungsgenossenschaften 
bestehenden Bestimmungen auf andere Wassergenossenschaften ausgedehnt hat. 
Hess. G. vom 30. Juli 1877, Art. 32ff. [Bayr. Wass.G. Art. 110@. über die 
öffentl. Wasser enosseuschaften. | Vgl. Schenkel, Art. Wassergenossenschaften 
RL. 3, 1257, Hermes, V.R.W. 2, 868; |Anschütz, Art. Wassergenossen- 
schaften H.W.B. 7, 669.) Rosin, Öffentliebe Genossenschaften, 8. 79. 
" Preuß. G. $ 4. Franz. G. Art. 9, 12. Das hess. G. Art. 33 erfordert 
wur eine Genehmigung des Staates zur Bildung der öffentlichen Genossen- 
schaften. |Vgl. Anschütz H.W.B.? 7, 677.] 
15 Preuß. G. $$ 54, 55. Hess. 4. Art. 45, 46. 
ıe [Über die Staatsaufsicht über die Wassergenossenschaften vgl. An- 
schütz H.W.B.: 7, 681.) 
47 Preuß. G. $$ 46, 65. Das franz. G. Art. 12 und das hess. G. Art. 52 
gestatten die Bildung öffentlicher Genossenschaften auf Grund von Majoritäts- 
wansen. — [Bad. Wass.G. $ 67 die \Vassergenossenschaften mit Beitritts- 
zwang.)
	        
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