Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

350 7,weites Buch. Sechster Abschnitt, $ 98. 
2. Benutzung des Wassers. 
$ 98. 
Die öffentlichen Flüsse sind dem gemeinen Gebrauche 
unterworfen. Dieser Grundsatz gilt auch da, wo die öffentlichen 
Flüsse sich im Staatseigentum befinden!. Der Gemeingebrauch er- 
streckt sich nicht bloß auf das fließende Wasser, sondern auch auf 
das Flußbett. Die anliegenden Grundeigentümer haben keinerlei 
rechtliche Vorzüge hinsichtlich der Benutzung; dagegen sind sie tat- 
sächlich allerdings in der Lage, so weit ihre Grundstücke reichen, 
die allgemeine Benutzung unmöglich zu machen, indem sie anderen 
Personen die Betretung untersagen. Allgemein freigegeben ist die 
Benutzung der öffentlichen Flüsse zur Schiffahrt, Flößerei mit ver- 
bundenen Hölzern, zum Trinken, Schöpfen, Baden, Viehtränken, 
während die Entnahme von Sand, Kies, Eis u.s.w. aus dem Fluß teils 
freigegeben, teils von einer Erlaubnis abhängig gemacht wird. Die 
anderweiten Benutzungsarten erfordern meist eine behördliche Ge- 
nehmigung. Aber diese Genehmigung hat auch da, wo ein Staats- 
eigentum am Flusse angenommen wird, nicht den Charakter der 
Übertragung eines dem Staate zustehenden Nutzungsrechtes, sondern 
den einer polizeilichen Konzession?. Die Privatflüsse unterliegen 
der Nutzung der anliegenden Grundeigentümer. So weit diese Nutzung 
sich auf das Flußbett erstreckt, erscheint sie als Ausfluß des Eigen- 
tums und hat daher einen ausschließlichen Charakter. Dagegen ist 
das fließende Wasser auch in den Privatflüßen ein Gemeingut Aller; 
die angrenzenden Ufereigentümer besitzen das Recht der Nutzung, 
so weit ihreGrundstücke reichen; an öffentlichen Wegen, Plätzen u.s.w. 
steht dagegen die Nutzung jedermann frei. 
Die Nutzungen an den Flüssen unterliegen aber mannigfachen 
Beschränkungen. Diese Beschränkungen beruhen teils darauf, 
daß dem Recht des Einzelnen auf Benutzung des Wassers Berech- 
tigungen anderer Privatpersonen gegenüberstehen, teils sind 
sie im öffentlichen Interesse eingeführt. Bei jenen handelt 
es sich darum, zwei Privatrechtskreise gegen einander abzugrenzen, 
die entgegenstehenden Berechtigungen können nur von den berech- 
tigten Privatpersonen geltend gemacht und von diesen durch Verzicht 
aufgegeben werden. Die Geltendmachung hat im Wege des Zivil- 
  
. ."[So in Bayern, Wass.G. Art. 2: die öffentlichen Gewässer stehen im 
Eigentum des Staates; Art. 26: in den öffentlichen Gewässern sowie in den 
Privatflüssen und Bächen ist der Gemeingebrauch, der durch polizeiliche Vor- 
schrift geregelt oder beschränkt werden kann, jedem gestattet, soweit es ohne 
rechtswidrige Benutzung fremder Grundstücke geschehen kann. 
® Vgl. Schenkel, Recht und Verwaltung S. 55 ff. — Im Gegensatz von 
der hier vertretenen Auffassung behauptet O. Mayer, V.R.W. 2, 592, der be- 
treffende staatliche Akt habe da, wo ein öffentliches Eigentum am Flusse an- 
erkannt sei, den Charakter einer Verleihung (Konzession), da wo der Staat 
nur Hoheitsrechte über den Fluß habe, den einer Polizeierlaubnis. Diese 
Unterscheidung erscheint nach Lage unserer Gesetzgebungen nicht gerecht- 
fertigt. Jedenfalls hat sie, wie der Verf. selbst zugesteht, keinerlei praktische 
Bedeutung. °
	        
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