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Nach heutigem deutschem Schiffahrtsrecht werden
demnach auf den natürlichen und künstlichen Wasserstraßen Deutsch-
lands alle deutschen Schiffe gleichmäßig zur Schiffahrt zu-
gelassen. Als deutsche Schiffe sind die anzusehen, welche sich im
Eigentum von Reichsangehörigen oder von Korporationen, die ihren
Sitz im Reichsgebiet haben, befinden. Da das Recht der Zulassung
reichsverfassungsmäßig garantiert ist, so kann wegen deren Ver-
letzung Beschwerde bei den Reichsorganen erhoben werden. In bezug
auf die Zulassung außerdeutscher Schiffe entscheiden die für
die einzelnen Binnengewässer bestehenden Vorschriften. Einige
Wasserstraßen sind den Schiffen aller Nationen geöffnet. Auf
andern ist nur die Schiffahrt von den Uferplätzen in das Meer und
aus dem Meer zu den Uferplätzen völlig frei gegeben, während für
die Schiffahrt von einem Uferplatze zum andern Vorrechte der Ufer-
staaten existieren'?. Derartige Vorrechte können jedoch durch völker-
rechtliche Verträge, die ausländischen Schiffen die gleiche Behandlung
mit einheimischen zusichern, aufgehoben oder modifiziert sein. Für
die Befahrung natürlicher Wasserstraßen dürfen Abgaben überhaupt
nicht erhoben werden !*, Dagegen ist es zulässig, für die Befahrung
künstlicher Wasserstraßen Abgaben zu erheben. Diese Abgaben be-
ruhen auf besonderen Tarifen, die entweder von der Regierung auf-
gestellt oder durch sie bestätigt werden. Auf denjenigen künstlichen
Wasserstraßen, die Staatseigentum sind, dürfen die Abgaben die zur
Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und An-
lagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Die Befugnis, auf
ausländische Schiffe und deren Ladungen andere oder höhere Ab-
gaben als auf deutsche zu legen, steht keinem Einzelstaate, sondern
nur dem Reiche zu!”. Stapel- und Umschlagsrechte dürfen im Ge-
biete des Deutschen Reiches nicht errichtet werden "®.
Der Staat sorgt für die im Interesse der Schiffahrt notwendige
Beschaffenheit der Flüsse, insbesondere für die Fahrbarkeit
leistenden Abgaben vgl. Kurs, Art. Binnenschiffahrt (wirtschaft. Bedeutung
und Statistik) H.W.B.? 3, 16. — Laband, zur Auslegung des Art. 54. Arch.
f. öffentl. R. 21, 467; Arndt, Schiffahrtsabgaben® 1908, iteraturbericht Verw.
Arch. 17, 533; Cohn, Neuere Literatur über Schiffahrtsabzaben. Schmollers
Jahrbuch 1908. 32, 93; Piloty, Das Recht der Schiffahrtsabgaben 1907;
0.Mayer, Schiffahrtsabgaben. Kritische Bemerkungen zu der gleichnamigen
Schrift des Wirkl. Geh. Öberregierungsrats M. Peters. 1906; Peters, Schiff-
fahrtsabgaben 3 Teile 1906—08; Peters, Die gesetzgeberische Lösung der
Schiffahrtsabgabenfrage. Arch. f. öff. R. 25. 519; Laband, Der Entwurf eines
Gesetzes über die Schiffahrtsabgaben. Arch. f. öff. R. 25, 541; vgl. auch
Laband RSt.R. S. 2791.
“z.B. der Rhein v. Rh.Sch.A. Art. 1), von Binnenseen der Bodensee
(Int. Sch. u. H.O. Art. 1).
1% z. B. auf der Elbe, Weser und Donau E. Sch. Add. A. $$ 1-3. W. Sch.
A.$ 1. D.Sch.A. Art 5 u. 8. Soweit diese Bestimmungen Beschränkungen
für deutsche Schiffe innerhalb deutschen Gebietes enthalten, sind sie natürlich
durch Art. 54 der R.Verf. aufgehoben.
16 Eine Ausnahme besteht nur für die Unterweser, wo die freie Hansestadt
Bremen nach Ausführung bestimmter Korrektionsarbeiten zur Erhebung einer
Schiffahrtsabgabe berechtigt ist (R.G. vom 5. April 1886.).
17 R.Verf. Art. 54.
ı8 Zollvereinigungsvertrag vom 8, Juli 1867 Art. 24.