Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

260 /weites Buch. Sechster Abschnitt. $ 101. 
Nach heutigem deutschem Schiffahrtsrecht werden 
demnach auf den natürlichen und künstlichen Wasserstraßen Deutsch- 
lands alle deutschen Schiffe gleichmäßig zur Schiffahrt zu- 
gelassen. Als deutsche Schiffe sind die anzusehen, welche sich im 
Eigentum von Reichsangehörigen oder von Korporationen, die ihren 
Sitz im Reichsgebiet haben, befinden. Da das Recht der Zulassung 
reichsverfassungsmäßig garantiert ist, so kann wegen deren Ver- 
letzung Beschwerde bei den Reichsorganen erhoben werden. In bezug 
auf die Zulassung außerdeutscher Schiffe entscheiden die für 
die einzelnen Binnengewässer bestehenden Vorschriften. Einige 
Wasserstraßen sind den Schiffen aller Nationen geöffnet. Auf 
andern ist nur die Schiffahrt von den Uferplätzen in das Meer und 
aus dem Meer zu den Uferplätzen völlig frei gegeben, während für 
die Schiffahrt von einem Uferplatze zum andern Vorrechte der Ufer- 
staaten existieren'?. Derartige Vorrechte können jedoch durch völker- 
rechtliche Verträge, die ausländischen Schiffen die gleiche Behandlung 
mit einheimischen zusichern, aufgehoben oder modifiziert sein. Für 
die Befahrung natürlicher Wasserstraßen dürfen Abgaben überhaupt 
nicht erhoben werden !*, Dagegen ist es zulässig, für die Befahrung 
künstlicher Wasserstraßen Abgaben zu erheben. Diese Abgaben be- 
ruhen auf besonderen Tarifen, die entweder von der Regierung auf- 
gestellt oder durch sie bestätigt werden. Auf denjenigen künstlichen 
Wasserstraßen, die Staatseigentum sind, dürfen die Abgaben die zur 
Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und An- 
lagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Die Befugnis, auf 
ausländische Schiffe und deren Ladungen andere oder höhere Ab- 
gaben als auf deutsche zu legen, steht keinem Einzelstaate, sondern 
nur dem Reiche zu!”. Stapel- und Umschlagsrechte dürfen im Ge- 
biete des Deutschen Reiches nicht errichtet werden "®. 
Der Staat sorgt für die im Interesse der Schiffahrt notwendige 
Beschaffenheit der Flüsse, insbesondere für die Fahrbarkeit 
leistenden Abgaben vgl. Kurs, Art. Binnenschiffahrt (wirtschaft. Bedeutung 
und Statistik) H.W.B.? 3, 16. — Laband, zur Auslegung des Art. 54. Arch. 
f. öffentl. R. 21, 467; Arndt, Schiffahrtsabgaben® 1908, iteraturbericht Verw. 
Arch. 17, 533; Cohn, Neuere Literatur über Schiffahrtsabzaben. Schmollers 
Jahrbuch 1908. 32, 93; Piloty, Das Recht der Schiffahrtsabgaben 1907; 
0.Mayer, Schiffahrtsabgaben. Kritische Bemerkungen zu der gleichnamigen 
Schrift des Wirkl. Geh. Öberregierungsrats M. Peters. 1906; Peters, Schiff- 
fahrtsabgaben 3 Teile 1906—08; Peters, Die gesetzgeberische Lösung der 
Schiffahrtsabgabenfrage. Arch. f. öff. R. 25. 519; Laband, Der Entwurf eines 
Gesetzes über die Schiffahrtsabgaben. Arch. f. öff. R. 25, 541; vgl. auch 
Laband RSt.R. S. 2791. 
“z.B. der Rhein v. Rh.Sch.A. Art. 1), von Binnenseen der Bodensee 
(Int. Sch. u. H.O. Art. 1). 
1% z. B. auf der Elbe, Weser und Donau E. Sch. Add. A. $$ 1-3. W. Sch. 
A.$ 1. D.Sch.A. Art 5 u. 8. Soweit diese Bestimmungen Beschränkungen 
für deutsche Schiffe innerhalb deutschen Gebietes enthalten, sind sie natürlich 
durch Art. 54 der R.Verf. aufgehoben. 
16 Eine Ausnahme besteht nur für die Unterweser, wo die freie Hansestadt 
Bremen nach Ausführung bestimmter Korrektionsarbeiten zur Erhebung einer 
Schiffahrtsabgabe berechtigt ist (R.G. vom 5. April 1886.). 
17 R.Verf. Art. 54. 
ı8 Zollvereinigungsvertrag vom 8, Juli 1867 Art. 24. 
 
	        
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