Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Ill. Wasserstraßen und Schiffahrt. $ 103. 205 
4. Seeschiffahrt'. 
8 108. 
Die Seeschiffahrt ist für das Recht von doppelter Bedeutung. 
Sie erzeugt eine Reihe von eigentümlichen privatrechtlichen Rechts- 
verhältnissen. Den Inbegriff der auf diese bezüglichen Rechtsnormen 
bildet das Privatseerecht oder Seerecht im engeren Sinne, 
seine Regelung ist durch das deutsche Handelsgesetzbuch erfolgt. 
Die Seeschiffahrt wird aber außerdem zum Gegenstand der Ver- 
waltungstätigkeit. Die hierauf bezüglichen Rechtsvorschriften kann 
ınan als das Verwaltungsrecht der Seeschiffahrt bezeichnen. 
Dieses beruht auf landesrechtlichen Vorschriften und auf speziellen 
Gesetzen, welche das Deutsche Reich kraft der ihm an verschiedenen 
Stellen der Reichsverfassung beigelegten Kompetenz? erlassen hat. 
Vereinzelte Vorschriften verwaltungsrechtlicher Natur finden sich 
allerdings auch im Handelsgesetzbuche. Nur das Verwaltungsrecht 
der Seeschiffabrt ist an dieser Stelle zur Darstellung zu bringen. 
Die Gesamtheit der zu einem Staate gehörenden Staats- und 
Privatschiffe bezeichnet man als Marine. Unter den ersteren 
bilden die bedeutendste Klasse die Kriegsschiffe, neben ihnen 
kommen Schiffe für andere Verwaltungszweige, z. B. Zollschiffe, 
Schiffe für Zwecke der Hafenpolizei, Postschiffe vor. Von den 
Privatschiffen sind die wichtigsten die Kauffahrteischiffe, 
d. h. die zum Erwerb durch Seefahrt bestimmten Schiffe, außer 
diesen gibt es aber auch solche, die lediglich dem persönlichen Ge- 
brauche ihres Eigentümers dienen. Im Anschluß an die beiden 
Hauptklassen teilt man die Marine eines Landes in Kriegsmarine 
und Handelsmarine ein. Die Darstellung der Rechtsverhältnisse 
der Kriegsmarine gehört der Verwaltung des Heerwesens an; die 
Tätigkeit der inneren Verwaltung bezieht sich lediglich auf die Han- 
elsmarine und die übrigen Privatschiffe®. 
Das Meer ist einer Staatshoheit nicht unterworfen und bildet 
daher auch an sich keinen Gegenstand staatlicher Verwaltungstätig- 
eit. Letztere kann sich nur erstrecken auf: 1. die sogenannten 
igengewässer, d. h. die Teile des Meeres, welche als Bestand- 
teile des Staatsgebietes gelten, namentlich Häfen und Küstengewässer. 
Diese gehören ebenso wie das Landgebiet zum Herrschaftsbereiche 
des betreffenden Staates; seine Autorität erstreckt sich also auf alle 
Schiffe, die sich daselbst befinden; 2. die nationalen Schiffe, 
welche der Staatsherrschaft nicht bloß innerhalb der Eigengewässer 
unterworfen sind, sondern es auch dann bleiben, wenn sie sich auf 
offener See oder in fremden Gewässern und Häfen befinden. 
1874 Reitz, Die Rechtsverhältnisse der deutschen Haudelsmarine. Annalen 
. 8,55, 
® R.Verf. Art. 4 Nr. 7 u. 9 (R.G. vom 3. März 1873) u. Art. 54. 
. [Über die „Verwaltung der Handelsmarine“ vgl. LabandB, 245: 
Die Handelsmarine ist keine Anstalt des Reiches oder der inzelstasten; eine 
staatliche Verwaltung der Handelsmarine gibt es nicht, also kann es auch 
eine zentralisierte Reichsverwaltung derselben geben. |
	        
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