Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

If. Wasserstraßen und Schiffahrt. $ 104. 2371 
an Bord zu nehmen wünschen, zeigen diese Absicht durch Lotsen- 
signale an. Die Feststellung der Lotsensignale ist auf Grund einer 
im Reichsstrafgesetzbuch erteilten Ermächtigung durch kaiserliche 
Verordnung erfolgt’. Für die Tätigkeit der Lotsen sind Gebühren 
zu ‘entrichten, deren Betrag durch Tarife für die einzelnen Häfen 
normiert wird. 
5. Das Strandungswesen!‘ umfaßt die Gesamtheit der zur 
Rettung von Personen und Gütern, die sich in Seenot befinden, be- 
stimmten Maßregeln und Anstalten. Das Strandrecht, d. h. das 
Recht der Uferbewohner, gestrandete Güter und Schiffe sich an- 
zueignen, wurde durch die neueren Strandungsordnungen der einzelnen 
Staaten definitiv beseitigt und die Verpflichtung der Behörden und 
der Bevölkerung zur Hilfeleistung gegenüber den in Seenot befind- 
lichen Schiffen näher geregelt. An ihre Stelle ist jetzt die Strandungs- 
ordnung für das Deutsche Reich getreten’. Diese enthält teils 
privatrechtliche, teils verwaltungsrechtliche Vorschriften. Die Not- 
signale, durch welche die Schiffe anzeigen, daß sie sich in Not 
oder Gefahr befinden, sind auf Grund einer im Reichsstrafgesetzbuch 
erteilten Ermächtigung durch kaiserliche Verordnung festgestellt !®. 
Die Sorge für Rettung und Bergung der in Seenot befindlichen 
Personen und Güter ist besonderen Strandbehörden, Strand- 
vögten und Strandämtern anvertraut. Den Strandvögten liegt 
die Pflicht ob, die zur Rettung und Bergung erforderlichen Maß- 
regeln zu ergreifen. Sie können zu diesem Zweck alle anwesenden 
Personen zur Hilfeleistung auffordern, und letztere müssen der Auf- 
forderung nachkommen, sofern sie dazu ohne erhebliche eigene Ge- 
fahr imstande sind. Siesind ferner befugt, zur Rettung von Menschen- 
leben die erforderlichen Fahrzeuge und Gerätschaften in Anspruch 
zu nehmen und jeden Zugang zum Strande zu benutzen. Gegen 
den Willen des Schiffers dürfen jedoch Maßregeln zur Bergung und 
Hilfsleistung nicht ergriffen werden!®, Die Strandämter haben 
ie geborgenen Güter in Gewahrsam zu nehmen, zu inventarisieren 
"nd zur Ermittelung der Berechtigten nötigenfalls ein Aufgebot zu 
erlassen2. Der Bevölkerung ist die Pflicht auferlegt: 1. von 
Jeder Wahrnehmung eines in Seenot befindlichen oder gestrandeten 
Schiffes dem Strandvogt oder der nächsten Gemeindebehörde sofortige 
Anzeige zu erstatten®?!; 2. über die Bergung von Gütern, welche 
entweder von einem in Seenot befindlichen Schiffe fortgeschafft oder 
an den Strand getrieben, bzw. auf denselben geworfen oder aus der 
"5 R.Str.G.B. $ 145. Not- und Lotsensignalordnung für Schifte auf See und 
auf den Küstengewässern vom 14. August 1876 [ersetzt durch V. betr. Lotsen- 
Signalordnung, vom 7. Febr. 1907 (R.G.Bl. S.27). Vgl. auch Seestraßenordnung 
vom 5. Febr. 1906.] 
!® Lewis, Art. Strandbehörden, Strandungsordnung V.R.W. 2,574. [Art. 
Strandungsordnung. pr. Handwb. 2, 553. 
"R Strandungsordnung (Strand-O.) vom 17. Mai 1874 [in der Fassung des 
G. vom 30. Dez. 1901 (R.G.Bl. 1902 S. 1] 
'"8 Vgl, die in N. 15 angeführten Vorschriften, 
1? Strand.O 6—11. 
20 Strand.O. $$ 14-19, 23—35. 
*t Strand.O. 88 4 u. 5. 
 
	        
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