276 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. 8 105.
sein will, bedarf hierzu der Erlaubnis der höheren Verwaltungs-
behörde. Der Bundesrat regelt den Geschäftsbetrieb der Unternehmer
und Agenten®. — Jedes Auswanderungsschiff unterliegt vor
der Abreise einer Untersuchung über seine Seetüchtigkeit, Einrichtung,
Ausrüstung und Verproviantierung durch amtliche Besichtiger, die
von der Landesregierung bestellt sind®’. Die Beförderung von
Auswanderern darf nur auf Grund eines schriftlichen Vertrages
erfolgen®®, die Polizeibehörden sind befugt, die Unternehmer an der
Einschiffung von Personen zu verhindern, deren Beförderung auf
Grund des Auswanderungsgesetzes verboten ist®®. Zur Überwachung
des Auswanderungswesens sind besondere Auswanderungs-
behörden bestellt] *°.
5. Das Verhalten der Schiffsfühbrer auf offener See
und in fremden Häfen ist durch eine Reihe von Anordnungen
geregelt, deren Inbegriff man als Seepolizeirecht oder Seeschiff-
fahrtspolizeirecht bezeichnen kann. Die Schiffsführer haben die-
jenigen Vorschriften zu beobachten, welche die Verhütung des Zu-
sammenstoßes von Seeschiffen bezwecken. Diese Vorschriften be-
ruhen auf Verordnungen, die vom Kaiser kraft Ermächtigung durch
das Reichsstrafgesetzbuch erlassen sind*!. Sie beziehen sich auf das
Führen von Lichtern, die Anwendung von Signalen, die Mäßigung
der Geschwindigkeit und das Ausweichen. Ähnliche Vorschriften be-
stehen für das Verhalten nach einem Zusammenstoß #°; sie begründen
gegenseitige Verpflichtungen zur Hilfeleistung und zu Mitteilungen
über Namen, Unterscheidungssignal, Heimats-, Abgangs- und Be-
stimmungshafen des Schiffes. Die Schiffsführer sind ferner verpflichtet,
bei Ausübung der Seefischerei diejenigen Schonzeiten für Robben zu
respektieren, die in den Gegenden zwischen dem 67. und 75. Grade
nördlicher Breite und dem 5. Grade östlicher und 17. Grade west-
licher Länge, vom Meridian von Greenwich aus gerechnet, durch eine
#8 [Bek. betr. Bestimmungen über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungs-
unternehmer und Agenten, vom 14. März 1898 (R.G.Bl. S. 39), abgeünd. durch
Bek. vom 23. Aug. 1903 (R.G.Bl. S. 274).]
31 (Ausw.G. 3 34.
32 [Ausw.G. $ 22. .
3 [Ausw.G. $ 23. — Besondere Bestimmungen enthält $ 48. Mit Zuchthaus
bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine Frauensperson zu dem Zwecke, sie
der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen, mittelst arglistiger Verschweigung
dieses Zweckes zur Auswanderung verleitet.]
4 [Beirat für das Auswanderungswesen. Regulativ betr. die Organisation
des Beirats vom 26. Jan. 1898. Reichsanz. vom 21. Febr. 1898. Nr. 45, abgedr.
bei Goetseh? Anhang E. 1. -- Kommissäre des Reichskanzlers sind im Aus-
lande auch die Konsularbehörden.]
+ R.Str.G.B. $ 145 [Seestraßenordnung vom 5. Febr. 1906 (R.G.Bl. S. 120)
V. über die Abblendung der Seitenlichter und die Einrichtung der Positions-
laternen auf Seeschiffen vom 16. Okt. 1900 (R.G.Bl. S. 1009). Bek., betr. die
Einrichtung der Positionslaternen auf Seeschiffen, vom 8 Dez. 1900 (R.G.Bl.
S. 1036) V. betr. das Ruderkommando, vom 18. Ökt. 1903 (R.G.Bl. S. 283). V.
betr. Lotsensignalordnung, vom 7. Febr. 1907 (R.G.Bl. S, 27.)
+ R.Str.G.B. $ 145. V. vom 15. Aug. 1876, 29. Juli 1889. [Die in N. 41 u.
42 angefülren Verordnungen sind abgedruckt bei L. Perels, Die Seestraßen-
ordnung.