Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

3823 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 107. 
8 107. 
Die deutschen Eisenbahnen sind Staats- und Privatbahnen. 
Letztere befinden sich im Eigentum und Betrieb von Aktiengesell- 
schaften. Infolge der neueren Entwicklung sind die großen durch- 
gehenden Linien fast ausnahmslos in den Händen des Staates, und 
nur Bahnen von wesentlich lokalem Charakter den Privatgesellschaften 
verblieben. 
Es besteht in Deutschland kein Eisenbahnregal, d.h. kein 
ausschließliches Recht des Staates auf Anlage und Betrieb von Eisen- 
bahnen !. Die Rechte des Staates an den Staatsbahnen sind Ausfluß 
seines Eigentums, die Befugnisse desselben gegenüber den Privat- 
bahnen haben den Charakter von staatlichen Hoheitsrechten. 
, Die staatlichen Hoheitsrechte über die Eisenbahnen verteilen sich 
unter Reich und Einzelstaaten. Entsprechend den allgemeinen 
Grundsätzen über Kompetenzverteilung stehen dem Reiche auch in 
bezug auf die Eisenbahnen nur die Befugnisse zu, die ihm aus- 
drücklich beigelegt sind; alle anderen sind den Einzelstaaten ver- 
blieben. Zu den Befugnissen des Reiches in bezug auf das Eisenbahn- 
wesen gehören: 
1. Die Gesetzgebung über Eisenbahnen im Interesse 
der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs?. Anordnungen 
rein lokaler Natur gehören demnach nicht zu der Kompetenz des 
Reiches?®. Die Entscheidung der Frage, welche Bestimmungen im 
Interesse der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs not- 
wendig sind, steht aber lediglich den gesetzgebenden Organen des 
Reiches zu. Die Vorschriften der Reichsgesetzgebung können sich 
auf alle deutschen Bahnen, auch auf Sekundärbahnen und selbst auf 
Pferdebahnen erstrecken, sofern sie im Interesse der Landesverteidigung 
und des allgemeinen Verkehrs als notwendig erscheinen *. 
betrieben werden ($ 1). Privatanschlußbahnen sind solche, welche nicht dem 
öffentlichen Verkehr, sondern den Zwecken einer bestimmten Privatperson dienen, 
aber mit Eisenbahnen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, derart 
in unmittelbarer Geleisverbindung stehen, daß ein Übergang der Betriebsmittel 
stattfinden kann ($ 43). —- [G. über_die Bahneinheiten vom 19. Aug. 1895 
(bisher G., betr. das Pfandrecht an Privateisenbahnen und Kleinbabnen und 
die Zwangsvollstreckung in dieselben), in der Fassung der Novelle vom 11. Juni 
1902 und der Bek. vom 8. Juli 1902 (G.S. 1902 S. 238). — Kommentar von Eger 
2. Aufl. 1905. Nach $ 1 dieses Gesetzes bildet eine Privateisenbahn, welche 
dem Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. Nov. 1838 unterliegt, 
und eine Kleinbahn, deren Unternehmer verpflichtet ist, für die Dauer der ihm 
erteilten Genehmigung das Unternehmen zu betreiben, mit den dem Bahnunter- 
nehmen gewidmeten Vermögenswerten eine Einheit (Bahneinheit).] 
' [Laband 8, 104 
® R.Verf. Art. 4 Nr. 8. 
° Vgl. Verhandl. in der Sitzung des verfassungsberatenden Reichstages des 
Norddeutsch. Bundes vom 20. März 1867 (Sten. Ber. S. 276), die Äußerungen 
des Abg. Miquel in der Reichstagssitzung vom 21. April 1870 (Sten. Ber. S. 784), 
[teilweise wiedergegeben bei Seydel, Kommentar S. 89]; ferner Fischer 
a. a. O. 4, 443; Laband 3, 104!; Haonel 1, 635. . 
* Über den Umfang des Gesetzgebungsrechtes des Reiches gegenüber 
Bayern vgl. N. 14.
	        
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