Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

286 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 108. 
und daher nur den gewöhnlichen baupolizeilichen Beschränkungen 
unterworfen. Dagegen kann die Anlage solcher Eisenbahnen, welche 
für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, nur durch den 
Staat oder auf Grund einer staatlichen Konzession erfolgen®. 
Die Anlage oder Konzessionierung derartiger Eisenbahnen kann 
vom Reiche oder von einem Einzelstaate ausgehen. Letzteres 
ist die Regel. Die Anlegung von Staatsbahnen erfolgt auf An- 
ordnung der Regierung, nachdem die dazu erforderlichen Mittel 
durch Vereinbarung mit dem Landtage zur Verfügung gestellt sind. 
Auch die Konzessionierung von Privatbahnen ist in den Einzelstaaten 
Sache der Verwaltung, regelmäßig des Landesherrn. Nach der 
Reichsverfassung kann die Anlage oder Konzessionierung von Eisen- 
bahnen durch das Reich [unbeschadet der Landeshoheitsrechte? auch 
gegen den Widerspruch der Bundesglieder. deren Gebiet die Eisen- 
bahnen durchschneiden] erfolgen, wenn sie im Interesse der Ver- 
teidigung Deutschlands oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs 
für notwendig erachtet werden. ' 
Die Erteilung der Konzession ist eine Verwaltungshand- 
lung, auch wenn sie sich in den Formen der Gesetzgebung bewegt. 
Sie hat nicht bloß den Charakter einer polizeilichen Erlaubnis- 
erteilung, sondern zugleich den eines rechtsbegründenden Verwaltungs- 
aktes5®. Sie gibt dem Unternehmer das Recht zur Herstellung der 
Eisenbahn, namentlich zur Anwendung des dazu unerläßlichen Ent- 
eignungsrechtes, die Befugnis zum gewerbsmäßigen Betrieb und be- 
gründet für ihn alle die Rechte und Verbindlichkeiten, die gesetzlich 
mit dem Betriebe von Eisenbahnen verbunden sind. Die Herstellung 
einer Eisenbahn ohne Konzession ist schon desbalb nicht möglich, 
weil es ohne eine solche an dem dazu erforderlichen Enteignungs- 
rechte gebricht; eventuell würde der Staat auch berechtigt sein, den 
Betrieb einer ohne seine Einwilligung hergestellten Eisenbahn zwangs- 
weise zu hindern. Der Erteilung der Konzession geht eine sog. Vor- 
konzession (in Bayern Projektierungskonzession genannt) voraus; 
diese gewährt dem Unternehmer die Befugnis, die zur Feststellung des 
Unternehmens erforderlichen Vorarbeiten zu veranstalten, zu diesem 
Zweck fremde Grundstücke zu betreten und daselbst die etwa er- 
forderlichen Handlungen gegen Entschädigung des Eigentümers und 
sonstiger Berechtigter vorzunehmen®. Die definitive Konzes- 
® [Otto Mayer 2, 299: „Durchschlagend war, daß die Eisenbahn sofort 
unter den Gesichtspunkt des öffentlichen Verkehrsweges gebracht wurde, 
der als solcher sein Recht nur vom Staate ableiten kann und nicht nach- 
eahmt werden darf. Daher auch bei den Eisenbahnen sofort eine nd- 
egende Unterscheidung gemacht wird, wie sie ähnlich auch schon für die 
Straßen anerkannt war: nur die öffentliche Eisenbahn, d. h. die dem 
öffentlichen Verkehr gewidmete, fällt unter diesen Gesichtspunkt.“] 
aband 8, 108] 
+ R.Verf. Art. 41. , 
5 Vgl. auch Rehm, Gewerbekonzession $. 36. — Gleim S. 77 erklärt die 
Eisenbahnkonzession für ein Spezialgesetz. — [Otto Mayer 2, 306.] 
„ ° Preuß. G. über Enteignung von Grundeigentum vom 11. Juni 1874 $ 5- 
[Über die en technischer und wirtschaftlicher Natur vgl. Fritsch,
	        
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