IV. Eisenbahn, Post, Telegraphie. $ 112. 303
der Beamten gelangen®°. Seinem Inhalt nach umfaßt es ein doppel-
tes: 1. die Verpflichtung der Beamten, sich jeder Kenntnis-
nahme desInhaltes von Postsendungen zu enthalten, so-
weit eine solche nicht für die Zwecke des Postdienstes erforderlich
ist. Unzulässig erscheint daher nicht nur das Öffnen von Briefen
und Paketen, sondern auch das Lesen von Postkarten. Auch bei der
Eröffnung von unbestellbaren Postsendungen, welche zum Zweck der
Ermittlung des Absenders stattfindet, haben die Beamten sich darauf
zu beschränken, von der Überschrift und dem Absendungsorte
Kenntnis zu nehmen, sich dagegen jeder anderweiten Durchsicht zu
enthalten®!. 2. die Verpflichtung der Beamten, über die bei Aus-
übung des Postdienstes zu ihrer Kenntnis gelangten Tatsachen weder
an Privatpersonen noch an Behörden Mitteilungen ge-
langen zu lassen. Das Postgeheimnis geht also in dieser Be-
ziehung weiter als das gewöhnliche Amtsgeheimnis, indem es auch
die Erteilung von Auskunft gegenüber Behörden ausschließt??. Aus-
nahmen von der Verpflichtung zur Bewahrung des Postgeheimnisses
finden nur im Straf- und Konkursprozeß statt. Im Strafprozeß ist
zulässig die Beschlagnahme von Briefen und Sendungen auf der Post,
wenn diese entweder an den Beschuldigten gerichtet sind oder wenn
Tatsachen vorliegen, aus denen zu ersehen ist, daß sie von ihnen
herrühren, für ihn bestimmt sind, oder daß ihr Inhalt für die Unter-
suchung Bedeutung habe. Die Beschlagnahme kann vom Richter,
bei Gefahr im Verzuge auch vom Staatsanwalt verfügt werden ®. Die
Eröffnung der Sendung steht nur dem Richter zu®. Im Konkurs-
prozeß kann das Konkursgericht die Aushändigung aller an den
Gemeinschuldner eingehenden Postsendungen an den Konkursver-
walter verfügen®. Die Folgen der Verletzung des Postgeheim-
nisses sind teils strafrechtlicher, teils disziplinarrechtlicher, teils privat-
rechtlicher Natur. Einzelne besonders schwere Fälle der Verletzung
des Postgeheimnisses, nämlich Eröffnung der der Post anvertrauten
Briefe und Pakete, sind im Strafgesetzbuch mit Gefängnisstrafe nicht
unter drei Monaten bedroht, neben welcher auf Unfähigkeit zur Be-
kleidung öffentlicher Ämter erkannt werden kann®*. In jedem Falle
der Verletzung des Postgeheimnisses macht sich der betreffende Be-
amte disziplinarisch verantwortlich. Außerdem ist er, so fern
dadurch eine Person einen vermögensrechtlichen Nachteil erleidet,
zur Entschädigung derselben verpflichtet.
. ,.. Auch Mitteilungen über Zeitungsabonnements sind unzulässig — über-
einstimmend Sydow, Paband, Zorn, Arndt, Aschenborn] und die Praxis
der deutschen Postverwaltung. .A.: Dambach-v. Grimm $ 52
1 Post-G. $ 46.
”2 [Reichsbeamtengesetz $ 11.— Vgl. Aschenborn $5% S. 65 über Anfragen
des Reichsversicherungsamtes u.s.w. über Einschreibesendungen, aus denen zu
ersehen ist, daß es sich um Berufungen u.s.w. in Versicherungssachen handelt.]
#2 (Nicht von der Polizei.)
” R.Str.P.O. $$ 99 101. [Beschlagnabme von Postsendungen in militär-
8 guschtlichen Untersuchungen. Milit. Stratgerichtsordnung vom 1. Dez. 1898
® R.Konk.O. $ [121]
”* R.Str.G.B. $$ 354, 358.