320 /,weites Buch. Sechster Abschnitt. $ 115.
Umfange wie in bezug auf das Postgeheimnis®. Die Verletzung
des Telegraphengeheimnisses ist mit Gefängnisstrafe nicht unter drei
Monaten bedroht; sie kann außerdem zu einer disziplinären Be-
strafung und zu einer privatrechtlichen Entschädigungsklage Ver-
anlassung geben.
Zwischen der Telegraphenverwaltung und demjenigen, der die
Telegraphen benutzt, besteht ebenso wie zwischen Postverwaltung
und dem, der sich der Dienste der Post bedient, ein vertrags-
mäßiges Verhältnis’. Auch dieses hat, da beide Kontrahenten zu
vermögensrechtlichen Leistungen verpflichtet sind, einen privat-
rechtlichen Charakter. Es läßt sich der allgemeinen Kategorie
des Werkvertrages [des Bürgerlichen Gesetzbuches] unterordnen ®®.
Die Vertragsbestimmungen werden jedoch nicht im einzelnen Falle
vereinbart, sondern stehen ebenso wie bei der Post ein für alle Mal
fest. Sie beruhen für den Verkehr innerhalb des Deutschen Reiches
auf der Reichstelegraphenordnung, bzw. der bayrischen und württem-
bergischen Telegraphenordnung, für den internationalen Verkehr auf
einem internationalen Reglement, welches bei Gelegenheit des Ab-
schlusses des internationalen Telegraphenvertrages unter den be-
teiligten Staaten vereinbart und später wiederholt einer Revision
unterzogen ist!®, Die Bestimmungen dieser Reglements gelten als
Bestandteile des zwischen der Telegraphenverwaltung und dem Ein-
zelnen abgeschlossenen Vertrages. Der Abschluß des Vertrages er-
folgt durch Aufgabe der Depesche. Ein vertragsmäßiges Verhältnis
besteht nur zwischen dem Reichsfiskus, als dessen Organ die Tele-
graphenverwaltung fungiert, und dem Aufgeber der Depesche. Da-
gegen befindet sich der Adressat in keinem Vertragsverhältnis zu
dem Reichsfiskus bezw. der Telegraphenverwaltung !7.
Für die Telegraphenverwaltung geht aus dem Vertrage
die Verpflichtung hervor, den Inhalt der Depesche an den
Adressaten zu befördern. Diese Verpflichtung zerfällt in die Pflicht:
1. den Inhalt der Depesche auf den telegraphischen Linien von der
Absendungsstation an die Bestimmungsstation zu befördern. Diese
Beförderung muß so schleunig erfolgen, als es die Betriebseinrich-
tungen der Telegraphie gestatten. Liegen mehrere Depeschen vor,
so gelangen zuerst die Staatstelegramme, sodann die Telegraphen-
au [Post-G. x 5] K.Str.P.0. 95 99-101; Konk.O. $[121, Milit.Strafger.Ordg.
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14 Laband 3, 77; v.Sarwey, öffentl. Recht 8. 330.
18 Laband 8, 83. Da die Rechte und Pflichten der Einzelnen und der
Telegraphenverwaltung genau formuliert sind, so hat die Frage nach der recht-
lichen Natur des Vertrages keine große praktische Bedeutung.
1® Internationaler Telegraphen-Vertrag vom 22. Juli 1815 [ergänzt durch
Ausführungs-Übereinkunft (gültig seit 1904), deren Bestimmungen zum Teil auc
für den intern. Fernsprechdienst gelten. — Intern. Vertrag zum Schutze der
unterseeischen Telegraphenkabel vom 14. März 1884 (R.G.Bl. 1888 S. 151.) und
G. zur Ausführung dieses Vertrages vom 21. Nov. 1887 (R.G.Bl. 1888 S. 169.) —
Intern. Funkentelegraphenvertrag vom 3. Nov. 1906 (zur Regelung der Funken-
telegraphie für den Schiffsverkehr) nebst Zusatzabkommen vom gleichen Tage
und Ausführungsübereinkunft. — Verschiedene Bestimmungen des Intern. Tel.
Vertrages gelten auch für die Funkentelegraphie.]
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