343 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 122.
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Die Reichsbank! ist durch Abtretung der preußischen Bank
an das Reich begründet worden?. Der preußische Staat hat sein
Einschußkapital und die ihm zustehende Quote des Reservefonds aus
der Bank zurückgezogen, die den Privatbeteiligten gehörigen Bank-
anteilscheine der preußischen Bank sind mit Einwilligung der da-
maligen Inhaber in Reichsbankanteilscheine umgewandelt, der Rest
des Grundkapitals ist durch Zeichnungen aufgebracht worden?. Alle
Rechte und Pflichten der preußischen Bank sind auf die Reichsbank
übergegangen‘. Die Reichsbank ist eine juristische Person des
Privatrechtes®, also eine vom Reichsfiskus verschiedene vermögens-
rechtliche Persönlichkeit. Die Schulden der Reichsbank sind dem-
nach nicht Schulden des Reichsfiskus ®.
Die Reichsbank entspricht begrifflich den Erfordernissen der
Aktiengesellschaft?. Ihr Grundkapital ist durch Einschüsse
von Privaten aufgebracht, es besteht aus [180] Millionen Mark, ge-
teilt in 40000 Anteile von je 3000 [und 60000 von je 1000 Mark®.
Die Anteile lauten auf Namen, die Anteilseigner haften persönlich
für die Verbindlichkeiten der Reichsbank nicht?] und erhalten von
dem Gewinn derselben eine Dividende!°. Die Reichsbank steht
aber nicht unter den gewöhnlichen Grundsätzen über Aktiengesell-
schaften. Für ihre Rechtsverhältnisse sind nicht die Vorschriften
des Handelsgesetzbuches, sonderr, die des Bankgesetzes und des
i Koch, Die Reichsbank und deren Organisation in juristischer Bezichung.
Arch. f. Theor. u. Prax. des allg. Handels- und Wechselr. 38, 139; 84, 129:
Koch, Art. Reichsbank, V.R.W. 2, 346. [Die Reichsbank 1876—1900, 1901;
Literatur, bei Koch, Münzgesetzgebung, 5. Aufl. 1905, S. 43; v. Philippo-
vich, Die deutsche Reichsbank im Dienste der Finanzverwaltung des Reichs
und der Bundesstaaten, Finanz-Arch. 1886; Lotz, Der Streit um die Ver-
staatlichung der Reichsbank 1897; Laband, 8, 129.]
2 Bank-G. $$ 61—65. Vertrag zwischen Preußen und dem Deutschen
Reiche über die Abtretung der Preußischen Bank an das Deutsche Reich vom
17.118. Mai 1875. Preuß. G. betr. die Abtretung der Preußischen Bank an das
Deutsche Reich vom 27. März 1875. — [Statut der Reichsbank vom 21. Mai
1875, abg. durch V. vom 3. Sept. 1900.]
2 Bek. d. Reichskz. vom 3 Mai 1375.
° Bank-G. $ 12,
° Laband 8, 131. .
? Laband 3% 132'; Zorn 2, 3501°. A.A.: Rosin, Öffentliche Genossen“
schaft S. 50, der die Reichbank für eine öffentliche Anstalt mit gewissen kor:
orativen Elementen erklärt, ebenso Gierke, Genossenschaftstheorie UM
echtssprechung S. 913. Dagegen spricht aber der Umstand, daß die Grun k.
lagen der Reichsbank ein Personenverein, die Gesamtheit der Anteilseigner; 180.
Noch weniger haltbar erscheint die Ansicht des Reichsgerichts (R.Ziv. 15, 236),
der sich Koch, V.R.W. 2, 346, angeschlossen hat, daß die Reichsbank „e!n
verfassungsmäßiges Organ“ des Reiches sei. Da die Reichsbank zweifellos e!n®
vom Reich verschiedene Persönlichkeit ist, so kann sie nicht Organ des
eiches sein.
BankG. & 93.} [abg. durch G. vom 7. Juni 1899].
10 Bank-G. 5 24.