Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

VI. Geld. $ 122. 343 
besonderen Statutes maßgebend!!. Auch in materieller Hinsicht be- 
stehen wesentliche Verschiedenheiten zwischen der Reichsbank und 
der normalen Gestaltung der Aktiengesellschaft!?. Diese Abweichungen 
der Reichsbank von der normalen Gestaltung der Aktiengesellschaften 
bestehen namentlich in einer weitgehenden Einwirkung der Reichs- 
organe auf die Verhältnisse der Reichsbank. Diese Einwirkung zeigt 
sich in folgenden Beziehungen: 1. Die Gründung der Reichsbank 
ist nicht durch die Anteilseigner, sondern durch das Reich erfolgt. 
2. Das Statut der Reichsbank ist durch eine im Einvernehmen 
mit dem Bundesrat erlassene kaiserliche Verordnung festgestellt "3. 
3. Die Verwaltung der Reichsbank steht dem Reiche zu. Die 
obere Leitung liegt in den Händen des Reichskanzlers, in Be- 
hinderungsfällen fungiert an seiner Stelle ein vom Kaiser ernannter 
Stellvertreter. Unter ihm steht das Reichsbankdirektorium als 
verwaltende, ausführende und die Reichsbank nach außen vertretende 
Behörde mit kollegialischer Organisation. Die Reichsbankbeamten 
sind Reichsbeamte 16, Der Besoldungsetat des Reichsbankdirektoriums 
wird jährlich durch den Reichshaushaltsetat festgestellt’. 4. Dem 
Reiche steht auch die Aufsicht über die Verwaltung der Reichsbank 
zu. Sie wird von dem Bankkuratorium ausgeübt, welches aus dem 
Reichskanzler als Vorsitzendem und 4 Mitgliedern besteht, von denen 
eins der Kaiser, die drei andern der Bundesrat ernennt!®, Die 
Prüfung der Rechnungen der Reichsbank erfolgt durch den Rechnungs- 
hof des Deutschen Reiches', Gegenüber diesen, in die Hände von 
Reichsbehörden gelegten Aufsichts- und Kontrollbefugnissen treten 
diejenigen, welche der Generalversammlung und dem Zentralausschuß 
der Anteilseigner zustehen, völlig in den Hintergrund. Die Befug- 
nisse der Generalversammlung erstrecken sich nur auf Entgegennahme 
11 Bank-G. el, Statut der Reichsbank vom 21. Mai 1875 [abg. durch 
V. vom 3. Sept. 1900]. So finden namentlich auch die Bestimmungen des Handels- 
gesetzbuches über die Eintragung der. Aktiengesellschaften in das Handels- 
register auf die Reichsbank keine Anwendung. (Bank-G. $ 66): 
12 Die Behauptung, daß die Reichsbank keine Aktiengesellschaft, sondern 
nur etwas der Aktiengesellschaft Analoges sei (Koch, Arch. S. 149; Koch, 
Münzgesetzgebung S. 167; Staatsminister Dr. Delbrück in der Reichstags- 
sitzung vom 27. Jan. 1875, Sten. Ber. S. 1354) ist daher zutreffend, sofern man 
dabei nicht den allgemeinen juristischen Begriff der Aktiengesellschaft, sondern 
die durch das Handelsgesetzbuch erogelte Gestaltung derselben im Auge hat. 
18 Bank-G. $ 40. Tat. vom 3. ai 1875 [abg. durch V. vom 3. Sept. 1900 
(R.G.Bi._S. 793).] 
1“ Bank-G. $ 26. Die Behauptung Joels, Annalen 1878 S. 783 u. 793, die 
Bestimmung des Reichsbankgesetzes sei durch das R.G., betr. die Stellvertretung 
des Reichskanzlers, vom 17. März 1878 insofern modifiziert worden, als nach 
demselben die Vertretung des Reichskanzlers nur dem Präsidenten der Reichs- 
ank übertragen werden könne, ist deshalb unzutreffend, weil das R.G. vom 
17. März 1878 sich nur auf die Vertretung des Reichskanzlers in der Kontra- 
signatur bezieht, während die hier in Betracht kommenden Geschäfte zu den 
eigenen Befugnissen des Reichskanzlers gehören. Übereinstimmend P. Hensel, 
Annalen 1883 S. 41; Zorn 2, 364%: Laband 8, 134°, ' 
16 Bank-G. S,56 u. 27. 
1? Bank-G. 5 28. 
!8 Bank-G. $ 25. 
1% Bank-G. 5 29.
	        
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