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berechtigt ist, die Führung dieses Titels in Preussen untersagen
wollte, die englische Regierung auf diplomatischem Wege, und
zwar mit Erfolg, deswegen würde Vorstellungen erheben können,
In Bezug auf den zweiten Fall ist es ebenfalls nicht zu bezweifeln,
dass, wenn der König von Sachsen etwa einem mecklenburg-
schwerinschen Staatsangehörigen, der nicht zugleich sächsischer
Staatsangehöriger ist, der sich in Sachsen aufhält und in seinem
Heimatstaate zur Führung eines Adelszeichens berechtigt ist,
die Führung dieses Adelszeichens in Sachsen untersagen wollte,
die mecklenburg-schwerinsche Staatsregierung nicht nur Vor-
stellungen erheben könnte, sondern, gemäss Art. 76 Abs. I R.-V,,
auch in der Lage wäre, eine „Erledigung“ des Streites (zwischen
dem Königreich Sachsen und dem Grossherzogtum Mecklenburg-
Schwerin) durch den Bundesrat zu erzwingen. Dieser Abs. 1
des Art. 76 lautet nämlich:
„Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern
dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den kom-
petenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, werden auf
Anrufen des einen Teils von dem Bundesrate erledigt.“
Es ist nicht abzusehen, aus welchem Rechtsgrunde die An-
wendbarkeit dieses Satzes der Reichsverfassung auf den vorliegen-
den Fall sollte verneint werden können.
Die vorstehende Auseinandersetzung zeigt einem in solcher
Weise Benachteiligten auch den Weg, den er zu gehen hat.
Er hat sich an seinen Heimatstaat zu wenden und um Schutz
zu bitten. Von der Entschliessung der Regierung dieses Staates
wird es abhängen, ob sie „den Bundesrat anrufen“ will. Lehnt
sie es ab, so bliebe dem Betroffenen allerdings kein anderes
Mittel übrig, als abzuwarten, ob — um immer wieder bei dem
gewählten Beispiel zu bleiben — im Königreich Sachsen die
Sache vor den Strafrichter gebracht wird. Geschähe dieses, so
müsste allerdings der Strafrichter ganz selbstverständlich den
„wegen unbefugter Führung des Adels in Sachsen“ angeklagten