388 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 140.
Streitigkeiten über den bestehenden Rechtszustand gehören vor die
ordentlichen Gerichte, sofern sie nicht durch ausdrückliche gesetzliche
Vorschriften den mit der administrativen Leitung betrauten Behörden
überwiesen sind ?.
.. Das Verfahren beginnt mit dem Antrage eines Beteiligten.
Über diesen ist zunächst in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise
Beschluß zu fassen. Sodann werden die den Beteiligten zugehörigen
Grundstücke und zustehenden Berechtigungen festgestellt. Das in
Frage kommende Land wird bonitiert, d. h. seinem Werte nach ab-
geschätzt. Die leitende Behörde entwirft einen Auseinandersetzungs-
plan, der öffentlich bekannt gemacht werden muß und gegen den
die Beteiligten Einspruch erheben können. Nachdem die Ein-
wendungen im Instanzenzuge der Behörden erledigt sind, wird der
Auseinandersetzungsrezeß aufgestellt, von den Beteiligten unter-
schrieben und durch die höhere Behörde bestätigt. Dieser Rezeß hat
ebenso wie der Rezeß, welcher bei Ablösungen aufgestellt wird, den
Charakter eines Verwaltungsaktes, es ist kein Vertrag unter
den Beteiligten. Durch denselben werden alle in Frage stehenden
Rechtsveränderungen, insbesondere der Eigentumsübergang und die
Aufhebung dinglicher Rechte bewirkt; dieselben bedürfen zu ihrer
Wirksamkeit keiner Eintragung in die Grundbücher. Doch gibt
der Rezeß einen Titel, auf Grund dessen die Eintragung gefordert
werden kann.
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c) Genehmigung von Bechtsgeschäften über Grundbesitz durch
Verwaltungsorgane!.
Der Verkehr mit Grundstücken unterliegt den Vor-
schriften des Privatrechtes. Gegenstand des Verwaltungsrechtes ist
er nur insoweit, als im Interesse der Erhaltung eines bestimmten
Maßes des Grundbesitzes gewisse Rechtsgeschäfte der Bestätigung
der Verwaltungsbehörden unterworfen sind. Zu diesen ge
hören die Errichtung von Familienfideikommissen?, die
nach den deutschen Landesgesetzgebungen einer landesherrlichen
oder einer gerichtlichen Bestätigung bedarf, und die Rechtsgeschäfte,
durch die eine Teilung von Grundstücken, namentlich von
® Dies ist namentlich in Preußen der Fall, wo die Zuständigkeit genau
so wie bei den Ablösungen geregelt ist. In Bayern besteht im Ministerium
des Innern eine Flurbereinigungs- Kommission (Flurber.&. Art. 17), ebenso in
Württemberg eine besondere Zentralstelle (Feldber.G. Art. 18), In Baden liegt
die obere Leitung in den Händen der Direktion für Wasser- und Straßenbau
(V. vom 21. Mai 1886 $ 1). Gegen die Entscheidungen dieser Behörden steht
in gewissen Fällen- Berufung an den Verwaltungsgerichtshof zu (Bayr. Flurber.
G. Art. 35, Württ. Feldber.G. Art. 46, Bad. G. vom % Juni 1884, $ 3, Nr. 28-30).
ı [Die $$ 140 u. 141 sind in diesem Zusammenhang belassen, obwohl die
besprochenen Tätigkeiten der Verwaltung nicht lediglich, aber vorwiegend für
Jieses Verwaltungsgebiet in Frage stehen.]
? [Nach E.G. z. B.G.B. Art 89 bleiben die landesrechtlichen Bestimmungen
über Familienfideikommisse unberührt. — Vgl. Gierke, Art. Fideikommisse
(Geschichte und Rechte) H.W.B.* 4, 104, (Literatur. Ramdohr, Das Familien-
fideikommiß im Gebiete des preuß. Allgemeinen Landrechts 1909 (mit Abdruck
der Materialien, auch des vorläufigen preuß. Entwurfs von 1909).