Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

412 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 149. 
und das Handelsgewerbe, sowie die gewerbsmäßig geleisteten 
persönlichen Dienste, die eine höhere wissenschaftliche 
und künstlerische Bildung nicht voraussetzen, schließt 
dagegen die Urproduktionen, sowie die höheren wissenschaftlichen 
und künstlerischen Berufe aus. Nur die Gewerbe im engeren Sinne 
bilden den Gegenstand der Gewerbegesetzgebung. 
2. Quellen des deutschen Gewerherechtes. 
8 149. 
Die Hauptquelle des heutigen deutschen Gewerberechts ist die 
Gewerbeordnung für das Deutsche Reich! in der Fassung vom 
[26. Juli 1900] mit den dazu erlassenen Nebengesetzen. Die Gewerbe- 
ordnung bezieht sich, wie alle neueren Gewerbegesetze, nur auf die 
Gewerbe im engeren Sinne. Aber auch von diesen fallen ein- 
zelne kraft ausdrücklicher Festsetzung nicht unter ihre Vorschriften. 
Die Reichsgewerbeordnung enthält selbst Bestimmungen über ihren 
Anwendungsbereich®, die einem doppelten.Zwecke dienen. 1. Ein 
Teil derselben soll nur konstatieren, daß gewisse wirtschaftliche 
Tätigkeiten nicht unter den der Reichsgewerbeordnung 
„ugrunde liegenden Begriff der Gewerbe fallen. Dies 
sind .die Urproduktionen, sowie die wissenschaftlichen und künst- 
lerischen Berufsarten. Von ersteren werden Bergbau, Fischerei und 
Viehzucht ausdrücklich erwähnt, außerdem gehören aber auch Land- 
wirtschaft, einschließlich der landwirtschaftlichen Nebengewerbe?, 
„.' Gewerbeordnung für das Deutsche Reich [nach der Bekanntmachung des 
Reichskanzlers vom 26. Juli 1900 (R.G.Bl. S. 87I) unter Berücksichtigung der 
G. betr. Abänderung der Gew.O. vom 14. Okt. 1905, 7. Jan. 1907, 30. Mai, 
29. Juni und 28. Dez. 1908. — Literatur zur Gew.O. bei Landmann-Rohmer"® 
2, 902-906. Auf den Kommentar von Landmapn-Rohmer ist als auf den 
reichhaltigsten durchgehends verwiesen. Aus der Zahl der Kommentare seien 
enannt: v. Rohrscheidt 1901, Nachtrag 1904; Reger-Stöhsel (bayr.)‘ 
905--08; Bernewitz (sächs.,)” 1901; Brenner (württ.) 1908; v. Schicker 
(württ)* 1901; Reiß (bad.) 1905; Schenkel (bad.)? 2 Bde. 1892—94; Nelken 
(elsaß-lothr.) 1909. — Hoffmann (preuß,)! u. 8 1910; Neukamp-Lehmann 
1910; Nelken, Gewerberecht in Preußen 1, 1906. — Gewerbearchiv seit 1901, 
herausgeg. von v. Rohrscheidt.] 
rst in den 50er Jahren des neunzehnten Jahrhunderts gewann der Ge- 
danke der Gewerbefreiheit allgemeinen Boden in Deutschland. Im Laufe der 
60er Jahre wurden in dem größten Teile der deutschen Staaten neue Gewerbe- 
ordnungen eingeführt, die den Grundsatz der Gewerbefreiheit prokla- 
mierten. Diese Bewegung erhielt durch die Reichsgesetzgebung ihren Ab- 
schluß. Nachdem zunächst im Jahre 1868 ein sog. Notgewerbegesetz (G., betr. 
den Betrieb der stehenden Gewerbe, vom 8. Juli 1868) erlassen worden war, 
kam im folgenden Jahre eine Gewerbeordung für den Norddeutschen 
Bund vom 21. Juni 1869 zustande, die später auch auf die süddeutschen 
Staaten und Elsaß-Lothringen ausgedelhnnt worden ist. Sie beruht auf der im 
ewerbefreiheitlichen Sinne revidierten preußischen Gewerbeordnung von 184. 
urch spätere Gesetze hat sie eine Reihe nicht unwesentlicher Abänderungen 
erfahren, deren Tendenz im wesentlichen eine Einschränkung der Gewerbe- 
freiheit war. Eine neue Redaktion der Gewerbeordnung wurde am 1. Juli 1 
ubliziert. Jüber die geschichtliche Entwicklung vgl. @. Meyer-Loening 
I.W.B.? 4, 897. 
2 Gew.O. $ 6. 
® Vgl. R.Str. 12, 205. |[R.Str. 36, 305 (Urteil vom 11. Juni 1903). Da? 
Reichsgericht hat es hier im Interesse der Arbeitenden für angezeigt erklärt, 
den Begriti der fabrikmäßig betriebenen landwirtschaftlichen Nebengewerbe, die
	        
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