Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

416 /weites Buch. Sechster Abschnitt. $ 150. 
soweit nicht Privatrechte entgegenstehen, befugt, dieselben aufzuheben 
oder zu verändern, ohne daß deshalb den Bezirksschornsteinfegern 
ein Widerspruchsrecht oder ein Anspruch auf Entschädigung zu- 
steht 1°. 
Die Zwangs- und Bannrechte sind ebenfalls zum größten 
Teil aufgehoben oder für ablösbar erklärt worden; nur ein 
kleiner Rest hat sich nach Erlaß der Reichsgewerbeordnung erhalten, 
ohne einer Ablösung unterworfen zu sein. Aufgehoben sind: 
1. die mit ausschließlichen Gewerbeberechtigungen verbundenen 
Zwangs- und Bannrechte, 2. alle die Zwangs- und Bannrechte, deren 
Aufhebung nach dem Inhalt der Verleihungsurkunde ohne Ent- 
schädigung zulässig ist, 3. das mit dem Besitz einer Mühle, einer 
Brennerei oder Brenngerechtigkeit, einer Brauerei oder Brau- 
gerechtigkeit oder einer Schankstätte verbundene Recht, die Kon- 
sumenten zu zwingen, daß sie bei dem Berechtigten ihren Bedarf 
mablen oder schroten lassen oder das Getränk ausschließlich von 
ihm beziehen (Mahlzwang, Branntweinzwang, Brauzwang), sowie das 
städtischen Bäckern und Fleischern zustehende Recht, die Einwohner 
der Stadt, der Vorstädte oder der sogenannten Bannmeile zu zwingen, 
daß sie ihren Bedarf an Gebäck oder Fleisch ganz oder teilweise 
von jenen ausschließlich entnehmen, sofern diese Berechtigungen 
nicht auf einem Vertrage zwischen Berechtigten und Verpflichteten 
beruhen !!. Auch hier steht der Landesgesetzgebung die Befugnis 
zu, Bestimmungen über eine etwa zu leistende Entschädigung zu 
treffen ®. Alle anderen Zwangs- und Bannrechte sind bestehen 
geblieben. Von diesen unterliegen aber der Ablösung: 1. das 
Recht, den Inhaber einer Schankstätte zu zwingen, daß er für 
seinen Wirtschaftsbedarf das Getränk aus einer bestimmten Fabri- 
kationsstätte entnehme, 2. alle anderen nicht aufgehobenen Zwangs- 
und Bannrechte, sofern die Verpflichtung auf Grundbesitz haftet, die 
Mitglieder einer Korporation als solche betrifft oder Bewohnern eines 
Ortes oder Distrikts vermöge ihres Wohnsitzes obliegt. Der Erlaß 
der näheren Bestimmungen über die Ablösung ist Sache der Landes- 
gesetzgebung. Die für ablösbar erklärten Zwangs- und Bannrechte 
können künftig nicht mehr neu begründet werden, die Übertragung 
der bestehenden auf einen andern Berechtigten vor erfolgter Ablösung 
ist zulässig!®. Dagegen können die Zwangs- und Bannrechte, bei 
welchen individuell bestimmte Personen als Verpflichtete erscheinen, 
deren Dauer also eine durch die Person des Verpflichteten begrenzte 
ist, auf Grund der Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung nicht 
abgelöst werden. Wohl aber kann ihre Ablösung gefordert werden, 
soweit sie schon auf Grund älterer landesgesetzlicher Vorschriften 
1% Gew.O. $ 39. 
1 Gew.O. $ 7, Nr. 2—4. 
12 Vgl. die in N. 8 aufgeführten Landesgesetze, die sich größtenteils auch 
auf Zwangs- und Bannrechte beziehen. 
3 Gew.O. $ 10. Hier heißt es allerdings: „können fortan nicht mehr er- 
worben werden.“ Aus der Entstehungsgeschichte des $ 8 ergibt sich aber, d 
mit diesen Worten nur die Neubegründung derartiger Rechte ausgeschlossen 
sein soll. Vgl. Seydel Annalen 1881, $S. 588° [Loening, Art. Ablösung 
RA.W.B. 1,5: Landmann-Rohmer $ 71]
	        
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