490 Viertes Buch. Erster Abschnitt. $ 176.
gebieten nicht vorkommt und der namentlich für das deutsche Staats-
und Verwaltungsrecht eine große Bedeutung gewonnen hat: der
Unterschied zwischen militärischem Oberbefehlund Militär-
verwaltung im engeren Sinne. Den Charakter des Ober-
befehls besitzen alle Anordnungen, die unmittelbar militärische Aktion
zum Gegenstande haben. Die Militärverwaltung im engeren Sinne
umfaßt dagegen die Verwaltungstätigkeiten, die auf die Beschaffung
der Vorbedingungen und Mittel für die bewaffnete Macht gerichtet
sind, „also die Sorge für das Personal und dessen sachliche Bedürf-
nisse ®,
I. Innerhalb des Organismus der bewaffneten Macht
besteht wie auf allen Gebieten der Verwaltung das Prinzip der
Über- und Unterordnung. Die Anordnungen der höheren
Organe können Ausfluß des militärischen Oberbefehls sein oder
Gegenstände der Militärverwaltung im engeren Sinne betreffen. Zu
den ersteren gehören die Anordnungen, welche die Bewegungen der
Truppenkörper und Kriegsschiffe, den Gebrauch der Waffen und die
Verwendung des militärischen Personals zum Gegenstande haben, zu
den letzteren die, welche sich auf Bewaffnung, Ausrüstung, Ver-
pilegung und Bekleidung der Truppen beziehen oder die persönlichen
erhältnisse der Militärpersonen betreffen. Sowohl die Anordnungen,
die als Ausfluß des militärischen Oberbefehls erlassen werden, die
sog. Armeebefehle, als auch die Anordnungen auf dem Gebiete der
Militärverwaltung im engeren Sinne kommen in der Form von Ver-
waltungsverordnungen und von Verfügungen vor*.
Als ein weiterer Ausfluß des Prinzips der Über- und Unter-
ordnung im Gebiete der Militärverwaltung erscheint das Recht der
Inspektion, das den höheren Militärorganen gegenüber den
niederen zusteht. Die militärischen Inspektionen sind nichts weite!
als ein Anwendungsfall des allgemeinen Aufsichtsrechtes, das IM
ganzen Bereiche der Verwaltung besteht.
Unter den Tätigkeiten, die sich innerhalb des Organismus der
bewaffneten Macht bewegen, ist endlich noch die der Militär’
gerichte zu erwähnen. Letztere üben aber keine Verwaltungs
befugnisse im eigentlichen Sinne, sondern richterliche Funktionen
aus. Ihre Stellung ist daher im vorliegenden Werke nur in so weit
% Übereinstimmend Haenel 1, 472, — Nach Laband 4, 35? ist es viel
zu eng und mit der bestehenden Übung nicht im Einklang, wen"
zum Oberbefehl nur diejenigen Anordnungen gezählt werden, welche die UP
mittelbare militärische Aktion zum Gegenstand haben. n
Von den bisherigen Schriftstellern nehmen viele einen Gegensatz VO d
Armeebefehlen und Armeeverordnungen bzw. von militärischem Oberbefebl unf
Militärverordnungsrecht an (Seydel, Annalen 1875 S. 1405; Laband 4 der
Zorn 2, 52416, Brockhaus, Das deutsche Heer und die Kontingente n
Einzelstaaten. 1888. S. 81). Dies ist nicht richtig. Die Armeebefehle könne
ebensowohl in der Form der Verordnung, als in der der Verfügung auftreten.
Der Eriaß eines Exerzierreglements z. $ ist Ausfluß des militärischen Ober
befehls; seinem Inhalt nach charakterisiert sich dasselbe aber als eine Y®
waltungsverordnung. Hecker, Art. Armeebefehl und Armeeverordnung V-F- d er
1, 63 gebraucht letzteren Ausdruck als völlig gleichbedeutend mit Akten
Militärverwaltung.