496 Viertes Buch. Zweiter Abschnitt. $ 178,
einer solchen Bezeichnung steht der Erlaß nach allgemeinen staats-
rechtlichen Grundsätzen dem Bundesrate zu®.
2. Bei den Funktionen der Militärverwaltung sind dagegen
Organe des Reiches und der Einzelstaaten beteiligt. -
a) Der Oberbefehl über das Reichsheer steht dem Kaiser
zu®. Ausfluß dieses Oberbefehls sind das Recht, den Präsenzstand,
die Gliederung und Einteilung der Kontingente, die Organisation
der Landwehr und die Garnisonen zu bestimmen, sowie die kriegs-
bereite Aufstellung eines jeden Teiles des Reichsheeres anzuordnen !?.
Die vom Kaiser kraft seines Oberbefehls erlassenen Anordnungen
bedürfen keiner Kontrasignatur. Dieser Grundsatz ergibt sich schon
aus der Natur des militärischen Oberbefehls; er beruht aber außer-
dem auf einem Gewohnheitsrecht, das sich in Preußen seit dem
Erlaß der Verfassung ausgebildet hat und im Reiche gleichfalls
anerkannt ist!!. . Die Abgrenzung der als Ausfluß des Oberbefehls
erscheinenden Armeebefehle von den Anordnungen, die Gegenstände
der Militärverwaltung im engeren Sinne betreffen, ist durch einen
königlich preußischen Erlaß vom 18. Januar 1861 erfolgt!*, der
jedoch, da er den Charakter einer einseitigen königlichen Anordnung
esitzt, nur in so weit für maßgebend erachtet werden kann, als er
sich mit den anerkannten staatsrechtlichen Grundsätzen im Einklang
befindet. Als dem Kaiser untergeordnete Organe des militärischen
Oberbefehls fungieren die an der Spitze der einzelnen Truppenteile
stehenden Befehlshaber. Dem Oberbefehl des Kaisers entspricht das
Recht der Truppen zur Folgeleistung "®.
b) Die Befugnisse der Militärverwaltung im engeren
Sinne erscheinen zwar rechtlich ebenfalls als Befugnisse des
Reiches, sind dagegen zur Ausübung den Einzelstaaten
überlassen. Nur einzelne Verwaltungsbefugnisse dieser Art hat das
Reich sich zur eigenen Ausübung vorbehalten, mit deren Wahr-
nehmung der Kaiser betraut ist. Diese sind: die Anlegung der
Festungen und die Ernennung gewisser Offiziere, nämlich der Kon-
tingentskommandeure, die Truppen mehr als eines Kontingentes
befehligen, und der Festungskommandanten "4. Der Kaiser hat ferner
für die Einheitlichkeit der Einrichtungen der Militärverwaltung
Sorge zu tragen!® und bei Ernennung von Generalen und Offizieren
in Generalsstellungen innerhalb der Kontingente seine Zustimmung
zu erteilen'. Die übrigen Funktionen der Militärverwaltung im
engeren Sinne werden von den Einzelstaaten ausgeübt und zwar
von den Landesherren selbst als Kontingentsherren und von den
betreffenden Kriegsministerien und den ihnen untergeordneten Be
® Vgl. Meyer-Anschütz $ 165.
® R.Verf. Art. 63 Abs. 1.
10 R.Verf. Art. 63 Abe. 4.
1 Übereinstimmend unter anderen: Laband,, Seydel, Zorn.
!2 Centralblatt für die preußische innere Verwaltung. 1861. S. 73.
18 R.Verf. Art. 64 Abs. 1.
14 R.Verf. Art. 64, Abs. 2. Vgl. Meyer-Anschütz $ 196%.
15 R.Verf. Art. 68, Abs. 8 u. 5.
6 R. Verf. Art. 64, Abs. 2,