Object: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

46 II. Reichsgesetzgebung. Art. 2. 
mungen treffen, die sich auf die Zeit zwischen dem Erlaß und dem Inkraft- 
treten des neuen Reichsgesetzes beziehen — ebenso Laband II S. 110 A. 2. 
Alles dies gilt natürlich nur unter dem Vorbehalt einer abweichenden aus- 
drücklichen Bestimmung des Reichsgesetzes. 
Ausführungsbestimmungen. 
Die für ein Reichsgesetz erforderlichen Ausführungsbestimmungen müssen, 
soweit es sich um Materien handelt, die vom Reich erschöpfend und deshalb 
ausschließlich geregelt sind, grundsätzlich im Wege der Verordnung von den 
Organen des Reichs, dem Bundesrat, dem Kaiser oder Reichskanzler oder 
anderen im Wege der Delegation bestimmten Stellen von Reichs wegen 
erlassen werden. Landesgesetzliche Ausführungsbestimmungen find für solche 
Gebiete nur auf Grund besonderer reichsgesetzlicher Ermächtigung zulässig 
— ebenso Zorn S. 425 — dagegen find auch ohne eine solche Ermächti- 
gung für die vom Reichsgesetz nicht berührten Grenzgebiete des Landesrechts 
Ausführungsgesetze der Einzelstaaten zulässig, die den Zweck haben, das 
Landesrecht dem Reichsrecht anzupassen; vgl. v. Seydel S. 43. 
Die auf Grund besonderer reichsgesetzlicher Ermächtigung zur Aus- 
führung von Reichsgesetzen erlassenen Landesgesetze sind, was ihre materielle 
Wirkung anbetrifft, als ein Teil der Reichsgesetzgebung anzusehen, so daß 
sie den früher erlassenen Reichsgesetzen und solchen später erlassenen Landes- 
gesetzen vorgehen, die nicht auf Grund einer reichsgesetzlichen Anordnung, 
sondern im Rahmen der eigenen Gesetzgebungsbefugnis der Einzelstaaten 
ergangen sind. Das Reichsgesetz kann natürlich, wenn es überhaupt den 
Einzelstaaten die Ausführung besonders übertragen will, auch vorschreiben, 
daß die Ausführungsbestimmungen von den Einzelstaaten nicht im Wege 
des Gesetzes, sondern der Verordnung, sei es des Staatsoberhauptes oder 
der obersten Regierungsbehörden erlassen werden — ebenso Laband II. S. 94. 
III. Die Verkündigung der Reichsgesetze. 
1. Recht und Pflicht zur Verkündigung der Reichsgesetze. 
„Die Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch ihre Ver- 
kündigung von Reichs wegen.“ Die Verkündigung steht gemäß Art. 17 R.V. 
dem Kaiser zu. Ob sich daraus — nämlich wenn der Kaiser es ablehnt, 
von seiner Befugnis zur Verkündigung Gebrauch zu machen — ein Recht 
des Vetos gegen die vom Bundesrat und Reichstag angenommenen Gesetze 
für den Kaiser ergibt, kann zunächst zweifelhaft sein. Die Verhältnisse in 
Preußen, dessen Verfassung in Art. 106 und 45 bezüglich der Verkündigung 
der Gesetze eine ähnliche Bestimmung enthält, dürfen zum Vergleiche nicht 
herangezogen werden, weil in Preußen ein Gesetz nur mit Zustimmung 
des Monarchen zustande kommt. Daß diese Zustimmung erteilt, gleichwohl 
aber die Verkündigung abgelehnt wird, wäre ein Widerspruch, mit dem 
nicht gerechnet zu werden braucht. 
Für das Reich läßt sich die Frage aus dem Wortlaut der Reichsver- 
fassung nicht lösen. Die Bestimmung der Art. 2 und 17, wonach die 
Reichsgesetze ihre verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Reichs wegen 
erhalten und diese Verkündigung dem Kaiser zusteht, und die Bestimmung 
des Art. 5, wonach die Reichsgesetzgebung durch den Bundesrat und Reichs-
	        
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