508 Viertes Buch. Zweiter Abschnitt. $ 181.
Als Ausflüsse des Oberbefehls bedürfen sie, wenn sie vom Kaiser
erlassen werden, keiner Kontrasignatur.
Die Hauptaufgabe des Heeres ist die kriegerische Aktion gegen
den äußern Feind. Eine solche tritt nur dann ein, wenn das
Reich sich mit einem andern Staate im Kriege befindet. Die Leitung
dieser militärischen Operationen steht ausschließlich dem Kaiser und
zwar für das ganze Reichsheer, auch für die bayrischen Truppen zu-
Letztere treten mit Beginn der Mobilmachung unter den Oberbefehl
des Kaisers. Der Kaiser ist in dieser Beziehung durch keinerlei
gesetzliche Schranken gebunden. Die Tätigkeit der Truppenkörper
im Frieden hat den Charakter einer Vorbereitung für den Krieg.
Auch die Leitung dieser militärischen Tätigkeit ist Ausfluß des
Oberbefehls und steht dem Kaiser zu. Im Frieden erstreckt sich
jedoch der Oberbefehl des Kaisers nur auf einen Teil der Reichs-
armee. Die bayrischen Truppen sind davon ausgenommen un
bleiben unter dem Oberbefehl des Königs von Bayern.
Neben der Verwendung zur Verteidigung des Landes gegenüber
äußeren Feinden, sind der Armee noch anderweite Aufgaben zu-
gewiesen. Hierzu gehört namentlich die Aufrechterhaltung der Rube,
rdnung und Sicherheit, insbesondere dann, wenn die Kräfte der
Polizei dazu nicht ausreichen, die Beschützung und Bewachung von
Personen und Sachen, Bewachung und Transport von Gefangenen’.
Wenn es sich um Bewachung oder Schutz von Militärpersonen oder
von Gegenständen handelt, welche den Zwecken der Militärverwaltung
dienen, werden die Truppen durch Anordnungen ihrer militärischen
Vorgesetzten zu den betreffenden Tätigkeiten kommandiert. In den
anderen hier in Betracht kommenden Fällen wird dagegen das Militär
nur auf Antrag der Zivilbehörden tätig. Den Regierungen der
Einzelstaaten ist das Recht eingeräumt, für derartige polizeiliche
Zwecke nicht nur ihre eigenen Truppen zu verwenden, sondern auc
alle anderen in ihren Gebieten dislozierten Truppenteile des Reichs-
heeres zu requirieren?. Der Antrag der Zivilbehörde ist das unerläß-
liche Erfordernis für die Einleitung der militärischen Aktion®, ist
sie aber einmal eingeleitet, so steht die weitere Leitung dem mili-
tärischen Oberbefehlshaber zu, der auch allein darüber zu entscheiden
bat, ob und in welcher Art zur Anwendung der Waffen geschritten
werden soll. Die requirierende Zivilbehörde muß Gegenstand un
Zweck, für den die militärische Hilfe verlangt wird, so genau be-
zeichnen, daß die Anordnungen seitens des Militärs mit Sicherheit
ı Hecker, Art. Wache, militärische. V.R.W, 2, 847. .
® R.Verf. Art. 66. Vgl. Konvention mit Baden, Art. 13. Konvention mit
Hessen, Art. 13. Konvention mit Oldenburg, Art. 16. Konvention mit Waldeck.
Art. Konvention mit Lübeck, $$ 4 u. 6. Konvention mit Hamburg, $3
ve Konvention mit Bremen, $$ 10—12. Konvention mit Braunschweig:
3 Dies ist selbstverständlich, da die Truppen in den hier in Betracht
kommenden Fällen nur zur Unterstützung der Zivilbehörden tätig, werden
sollen, ein selbständiges Eingreifen des Militärbefehlshabers also ein Übergrif
in die Sphäre der Zivilverwaltung sein würde. Der Grundsatz ist außerdem
durch die in N. 2 erwähnten Bestimmungen der Konventionen ausdrücklich
ausgesprochen.