Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

U. Aktiver Militärdienst. $ 191. 543 
zu sein!?. Für die bayrischen Truppen beschränkt sich das eidliche 
Versprechen des Gehorsams gegenüber den Befehlen des Kaisers 
auf die Zeit des Krieges!®, Der Fahneneid hat nicht die Wirkung, 
neue Verpflichtungen zu begründen, sondern entbält nur eine feierliche 
Bekräftigung bereits bestehender. Die Unterlassung seiner Ableistung 
hat daher keinerlei Rechtsfolgen. 
‚ Die hauptsächliche Pflicht der Personen des Soldatenstandes ist 
die Erfüllung der ihnen übertragenen Dienstobliegenheiten. Der 
aktive Militärdienst hat im wesentlichen den Zweck, die militärische 
Ausbildung der Soldaten zu bewirken. Stehendes Heer und Flotte 
sind die Bildungsschulen der ganzen Nation für den Krieg!*. Der 
Dienst im aktiven Heer ist zwar regelmäßig, aber nicht notwendig 
Waffendienst. Insbesondere können Dienstpflichtige, die nicht zum 
Waffendienst, aber zu andern militärischen Dienstleistungen (als 
Lazarettgehilfen, Militärhandwerker u.s.w.) fähig sind, zu solchen, 
die ihrem bürgerlichen Berufe entsprechen, herangezogen werden "°,. 
en einjährig freiwilligen Medizinern ist freigestellt, die Hälfte ihrer 
ienstzeit nach bestandener medizinischer Staatsprüfung als Arzt zu 
ienen!®. Einjährig freiwillige Pharmazeuten können als Apotheker, 
einjährig freiwillige Tierärzte als Unterroßärzte ihrer Dienstpflicht 
genügen !", 
Die Dienstobliegenheiten des Soldaten sind durch allgemeine 
Vorschriften festgestellt, oder sie werden ihm durch spezielle 
Befehle seiner militärischen Vorgesetzten aufgetragen !*. Diesen 
Befehlen hat der Untergebene unbedingt Folge zu leisten. Die 
Gelhorsamspflicht des Soldaten ist im Gegensatz zu der des 
Beamten eine unbeschränkte. Allerdings erstreckt sich die Pflicht 
zur Folgeleistung grundsätzlich nur auf dienstliche Befehle. Da aber 
darüber, ob ein Befehl ein dienstlicher ist, wieder lediglich das Er- 
Messen des Vorgesetzten entscheidet, so hat diese Beschränkung 
keinerlei praktische Bedeutung. Für jede Handlung, die infolge 
eines militärischen Befehls vorgenommen wird, trägt daher der Vor- 
TE 
18 R,Verf. Art. 64. — Laband 4, 69: In diesen, dem Landesherren 
zu leistenden Eid ist nach Art. 64, Abs. 1 der Reichsverfassung die Ver- 
Pflichtung aufzunehmen, „den Befehlen des Kaisers unbedingte Folge zu leisten“, 
Während im Gegensatz lerzu die vom Kaiser ernannten Offiziere den Fahneneid 
em Kaiser leisten. — In der von G. Meyer u. a. vertretenen Ansicht, im 
Fahneneide verspreche der Wehrpflichtige seinem Landesherren Treue, dem 
Alger dagegen Brehorsam. sieht Taband 4, 69° eine Entstellung des Iuhalts 
des Fahneneides. „Der Untertan verspricht im Fahneneid seinem andeslerren 
nicht, ihm die Untertanentreue zu halten — was in der Tat höchst, über- 
üssig wäre —, sondern ihm „als Soldat treu zu dienen“, also Soldatendienste. 
Diese Dienste leistet er ihm, gleichviel in welchem Truppenkörper er dient, 
Sowie der zu einem anderen Kontingent oder als Adjutant eines Bundesfürsten 
ebkommandierte Offizier die Dienstpflicht gegen seinen Kontingentsherren 
erfüllt,“ 
18 Vertrag vom 23. Nov. 1870, Nr. III, $ 5 IV, 
yes! 
3 W.G.$1. 
10 Bekanntmachung vom 21. Okt. 1873 (Z.Bl. S. 334. H.O. $3 19, 22. 
7 4.0. 85 19, 21 
18 Hecker, Art. Befehl (militärischer), V.R.W. 1, 145.
	        
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