Militärlasten. $ 210. 599
bei, daß nötigenfalls alle Bedürfnisse der Armee auf diesem Wege
befriedigt werden können. Übrigens sind die Kriegsleistungen wie
alle Militärlasten subsidiäre Verbindlichkeiten, die Pflicht zu ihrer
Prästierung besteht daher nur dann, wenn für die Bedürfnisse der
Armee nicht auf andere Weise (durch freien Ankauf, Entnahme aus
den Magazinen u.s.w.) Sorge getragen werden kann®,.
Verpflichtete Subjekte sind bei den Kriegsleistungen
regelmäßig nicht die Einzelnen, sondern staatliche oder kom-
munale Verbände. Diesen steht dann wieder die Befugnis zu,
ihre Angehörigen zu den fraglichen Leistungen heranzuziehen’. Nur
die Besitzer von Schiffen und Pferden sowie die Eisenbahnen sind
unmittelbar dem Reiche gegenüber zu gewissen Leistungen ver-
bunden.
Für die Kriegsleistungen wird zwar nicht in allen, aber doch
in den meisten Fällen eine Entschädigung gewährt. Ihre Fest-
stellung geschieht durch sachverständige Schätzung. Die Zahlung
der Entschädigung erfolgt jedoch nur ausnahmsweise in bar. Regel-
mäßig werden über die Entschädigungssummen sogenannte An-
erkenntnisse, d. h. Schuldurkunden ausgestellt. Diese lauten
auf einen bestimmten Geldbetrag und auf den Namen dessen, der
die Vergütung zu beanspruchen hat, Die Schuld wird vom ersten
des auf die Lieferung folgenden Monats an mit 4°/o verzinst. Die
Einlösung der Anerkenntnisse erfolgt nach Maßgabe der verfügbaren
Mittel auf Grund einer öffentlichen Bekanntmachung. Die Anerkennt-
nisse haben den Charakter von Präsentationspapieren. Die Zahlung
erfolgt nur an den Inhaber gegen Rückgabe. Durch diese Zahlung
wird der Reichsfiskus liberiert. Zu einer Prüfung der Legitimation
des Inhabers ist die zahlende Kasse berechtigt, aber nicht verpflichtet.
Nach Wiedereintritt des Friedenszustandes kann zur Anmeldung von
Entschädigungsansprüchen binnen einer Präklusivfrist durch öffentliche
Bekanntmachung aufgefordert werden®,
Über die Zulässigkeit des Rechtsweges in bezug auf Ent-
schädigungsansprüche gegen das Reich sind reichsgesetzliche Vor-
schriften nicht gegeben. Vielmehr soll in dieser Beziehung das
Landesrecht maßgebend sein®. Da die Verpflichtung zur Zahlung
der Entschädigung den Charakter einer vermögensrechtlichen Ver-
bindlichkeit des Reichsfiskus hat, welche den gleichartigen Verpflich-
tungen bei Enteignungen entspricht, so muß, wenn das betreffende
Landesrecht nicht ausdı uckliche entgegengesetzte Vorschriften enthält,
die Zulässigkeit des Rechtsweges angenommen werden !°. Insbesondere
® Kr.L.G. $ 2.
1 Überefastimmend: Rosin, Recht der öffentlichen Genossenschaft 1886
S. 53%. Dagegen nimmt Laband 4, 291 an, daß prinzipiell die Einzelnen
verpflichtet seien, das Recht der zwangsweisen Erhebung aber vom Reiche den
Gemeinden delegiert sei.
r.L.G. $$ 20-22, 33.
Kr.L.G. $ 34. _
10 Vgl. auch die Außerungen der Abgeordneten Grumbrecht und Dr.
Baehr in der Reichstagssitzung vom 24. Mai 1873 (Sten.Ber. $. 786 u. 792).