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keitlicher Befugnisse. Die Tätigkeiten dieser Art werden
‘namentlich auf dem Gebiete der Steuerverwaltung und des Gebühren-
wesens entwickelt. Sie sind staatsrechtlicher Natur und treten
in der Form der Verfügung auf. Ihrem Inhalte nach charakterisieren
sie sich als Befehle und zwar als Gebote. Die privatrechtlichen
Tätigkeiten der Finanzverwaltung werden von den Brundsätzen des
Privatrechtes beherrscht. Rechtsstreitigkeiten, die darüber entstehen,
gehören zur Kompetenz der ordentlichen Gerichte. Die dabei not-
wendig werdenden Zwangsmaßregeln sind, sofern nicht ausdrückliche
entgegengesetzte Vorschriften bestehen, im Wege der zivilprozessualen
Zwangsvollstreckung zu vollziehen. Die Ausübung der obrigkeitlichen
Tätigkeiten ist durch besondere Gesetze geregelt. Die dabei ent-
stehenden Rechtsfragen sind im Instanzenzuge der Verwaltungsbehörden
und Verwaltungsgerichte zu erledigen. Die etwaige Vollstreckung
findet im Wege der Verwaltungsexekution statt.
I. Das Reich® als Vermögenssubjekt erscheint unter der Be-
zeichnung: Reichsfiskus?. Das Vermögen des Reichsfiskus zerfällt
in verschiedene Massen, welche den Zwecken der einzelnen Ver-
waltungszweige dienen. Für diese kommen zwar besondere Bezeich-
nungen, z. B. Postfiskus, Militärfiskus, Marinefiskus, vor; sie bilden
aber trotzdem keine eigenen Rechtssubjekte, sondern nur Abteilungen
des einheitlichen Reichsfiskus®. Die Vertretung des Reichsfiskus steht,
soweit nicht für einzelne Fälle durch spezielle gesetzliche Vorschriften
‘besondere Anordnungen getroffen sind, dem Reichskanzler zu. Der
Reichsfiskus hat in den einzelnen deutschen Staaten die Privilegien
in Anspruch zu nehmen, die dort dem Landesfiskus zustehen ®.
Die aus Reichsmitteln errichteten Stiftungen'!® bilden keinen Be-
® Laband, Das Finanzrecht des Deutschen Reiches. Annalen 1873
S. 405; Art. Reichsfinanzwesen V.R.W. 2, 359; Zorn, Art. Reichsfinanzwesen
R.L. 8, 375: v. Mayr, Reichsfinanzen H.W.B.? 6, 360. — Ein Komptabilitäts-
esetz ist für das Deutsche Reich noch nicht erlassen, es gelten im wesentlichen
ie preußischen Bestimmungen. Vgl. Schwarz, Formelle Finanzverwaltung S. 3.
? Laband 4, 832; Art. Reichsfiskus V.R.W. 2, 368; Seydel, Das
Deutsche Reich als Privatrechtssubjekt. Zeitschr. f. d. deutsche Gesetzgebun
(Behrens und Dahn) 7, 226; Reinke, Betrachtungen über Entstehung un
Rechtsstellung des deutschen Reichsfiskus. Gruch.Beitr. (1879) 8, 481; Richter,
Der Reichsfiskus 1908; Meyer-Anschütz $ 208. Vgl. auch die Literatur-
angaben unten Note 16. — In der ersten Zeit des Norddeutschen Bundes wurde
die Existenz eines Bundesfiskus bestritten (v. Martitz, Betrachtungen über
die Verfassung des Norddeutschen Bundes, S. 35); seit dieser Zeit hat aber der
Bestand eines besonderen, von den Fiscis der Einzelstaaten verschiedenen
Reichsfiskus nicht nur in der Literatur allgemeine Anerkennung erfahren,
sondern ist .auch durch verschiedene gesetzliche Bestimmungen ausdrücklich
bestätigt worden. .
. ® Laband 4, 383. Fritze und Werner, Prozeßvertretung des Fiskus
in Preußen und im Reich? 1910.
® Vgl. Meyer-Anschütz $ 208%. — Eine reichsgesetzliche Anerkennung
hat dieser Grundsatz in bezug auf Steuern, dingliche Lasten und Gerichts-
pflichtigkeit durch das R.G. über die zum dienstlichen Gebrauch einer Reichs-
verwaltung bestimmten Gegenstände vom 25. Mai 1873, $ I gefunden; in bezug
auf Gerichtspflichtigkeit ist jedoch jetzt $ 18 der Z.P.O. maßgebend.
10 z. B. die Stiftung für Postbeamte und deren Hinterbliebene (R.G. vom
20. Juni 1872), die Stiftung für den Generalstab (R.G.G. vom 31. Mai 1877,
11. Juli 1884, 12. April 1889).