Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Einleitung. $ 213. 615 
standteil des Reichsfiskus, sondern haben den Charakter selbständiger 
Vermögenssubjekte. Für ihre Verwaltung sind die Bestimmungen 
der Stiftungsurkunden maßgebend. Sie stehen unter den Vorschriften 
des allgemeinen Rechtes und haben keinen Anspruch auf die Privi- 
legien des Reichsfiskus, 
Die Reichsfinanzverwaltung wird nach Maßgabe der Reichs- 
gesetzeunddesReichshaushaltsetats geführt. Die Feststellung 
des letzteren geschieht in den Formen der Reichsgesetzgebung, also 
durch Bundesrat und Reichstag!!. An der Spitze der Reichsfinanz- 
verwaltung steht der Reichskanzler, dem als Spezialbehörde für 
die Finanzverwaltung das Reichsschatzamt untergeordnet ist. 
Die Besorgung der Kassengeschäfte war ursprünglich der preu- 
ßischen Generalstaatskasse als Generalkasse des Norddeutschen Bun- 
des2, später Reichshauptkasse genannt '®, übertragen. Nach Gründung 
der Reichsbank ist bei ihr eine besondere Abteilung unter der Be- 
zeichnung Reichshauptkasse eingerichtet worden, welcher die Führung 
der Kassengeschäfte für das Reich obliegt!*. Unter der Reichshaupt- 
kasse stehen die Spezialkassen der Militär-, Marine-, Post- und Tele- 
graphenverwaltung. Die Prüfung der Rechnungen erfolgt, 
da eine eigene Behörde dafür nicht besteht, durch die preußische 
Ober-Rechnungskammer unter der Bezeichnung Rechnungshof des 
Deutschen Reiches nach den in Preußen maßgebenden Grundsätzen 
unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Reichskontroll- 
gesetzes vom 21. März 1910 (R.G.Bl. S. 521). 
ll. DieFinanzverwaltung der Einzelstaaten!® besteht 
in Akten der Vermögensverwaltung, die auch von Privatpersonen 
vorgenommen werden können, und in der Ausübung obrigkeitlicher 
Befugnisse. Der Staat als Subjekt von Vermögensrechten wird als 
Fiskus bezeichnet!‘. Sofern der Fiskus innerhalb des vermögens- 
rechtlichen Privatverkehrs auftritt, unterliegt er den Vorschriften des 
Privatrechtes 7, 
  
ı Vgl. Meyer-Anschütz $ 209 S. 779. — Schwarz, Formelle Finanz- 
verwaltung S. 5ff. über den Etat, seine Vorbereitung, Aufstellung, Feststellung 
und Ausfü FUnR. 
12 Bek. d. Bundeskanzlers vom 21. Jan. 1868 (R.G.Bl. 8. 1). 
18 Bek. d. Reichekanzlers vom 1. Juni 1871 (R.G.Bl. S. 126). 
14 Bek. d, Reichskanzlers vom 29. Dez. 1875 (2.Bl. S. 821). 
15 Brockhaus, Art. Finanzverwaltung der Einzelstaaten V.R.W. 1, 406. 
— v. Eheberg, Art. Finanzen im 19. Jahrhundert H.W.B.? 4, 207 (Preußen, 
Bayern, Sachsen, Württemberg); Schwarz, Art. Finanzen der Gegenwart 
H.W.B3 4, 226 (Deutschland 8.31, u 
16 Laband 4, 332; Zorn 2, 695; Rintelen, Art. Fiskus H.W.B.? 4, 327; 
Jellinek, System? S. 60 ff; S. 209: Der Staat als Vermögenssubjekt ist 
Fiskus, gleichgültig ob nach seiner privat- oder staatsrechtlichen Seite. Durch 
Anwendung namentlich des materiellen Kriteriums des öffentlichen Rechts wird 
im konkreten Fall erkannt, ob für den Fiskus ein öffentlichrechtlicher Akt oder 
ein Geschäft des Privatrechtes vorliegt. Otto Mayer 1, 142: Fiskus ist der 
Staat, als Subjekt des Staatsvermögens, der auf Vermögensbesitz und Vermögens- 
erwerb gerichtete Staat. Hatschek, Die rechtliche Stellung des Fiskus im 
B.G.B. g A.’ aus Verw.Arch. 7, 424 (vgl. hierzu Meyer-Anschütz $ 201?). 
Loening, Der Einfluß des B.G.B. auf das Verwaltungsrecht. D. J. Z. 5, 9; 
Gierke 1, 475. _ 
11 Vgl. Meyer-Anschütz $ 205.
	        
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