Einleitung. $ 213. 617
mit den Belegen und auf die Einhaltung der gesetzlichen und etats-
mäßigen Vorschriften zu erstrecken ?!,
UI. Die Finanzverwaltung der Gemeinden®? besteht
ebenfalls in Akten der Vermögensverwaltung, die sich in
den Formen des privatrechtlichen Verkehrs bewegen, und in Aus-
übung obrigkeitlicher Befugnisse. Sofern die Gemeinde
Subjekt von Vermögensrechten ist, wird sie nach Analogie des Staats-
fiskus auch wohl als Gemeindefiskus bezeichnet. In bezug auf
den privatrechtlichen Verkehr unterliegt der Gemeindefiskus den ge-
wöhnlichen Vorschriften des Privatrechtes; die besonderen Privilegien
des Staatsfiskus hat er nicht in Anspruch zu nehmen. Die obrigkeit-
lichen Befugnisse der Gemeinde liegen namentlich auf dem Gebiete
der Gemeindebesteuerung; ihre Ausübung ist durch besondere Vor-
schriften geregelt°®.
ie für die Gemeindefi verwaltung maßgebenden obersten
Grundsätze sind durch die vom Staate erlassenen Gemeinde-
ordnungen und durch andere staatliche Gesetze festgestellt ?*. Inner-
21! In Preußen, Baden und Hessen hat die Tätigkeit der obersten
Rechnungsbehörden für die administrative und für die parlamentarische Kon-
trolle, in Bayern, Sachsen und Württemberg dagegen nur für erstere
Bedeutung. In den kleineren Staaten werden dıe Funktionen der obersten
Rechnungsbehörde auch wohl von einem Ausschuß des Landtages unter Zu-
ziehung von Beamten des Finanzministeriums wahrgenommen. Vgl. Meyer-
Anschütz $ 206. — Über Kontrolle und Rechnungslegung vgl. Schwarz,
Formelle Finanzverwaltung S. 126.
®® Gierke, Art. Gemeindehaushalt R.L. 2, 64; v. Eheberg, Art.
Kommunalfinanzen H.W.B® 6, 36; v. Reitzenstein, Das kommunale
Finanzwesen H.P.Oe* 8, II. 1; Art. Gemeindehaushalt V.R.W, 1, 505;
Ergbd. 1, 40; v. Blume, Art. Gemeinden H.W.B.? 4, 618; Gemeindefinanzen.
Schriften des Vereins für Sozialpolitik: Bd. 126 (1908), 127 (1910). — Die Verwaltung
der Gemeinden war ebenso wie die des Staates ursprünglich auf Natural-
wirtschaft basiert. Die Gemeinden besaßen umfangreiche Grundbesitzungen,
deren Erträgnisse für die Bedürfnisse der Gemeinde und zum Nutzen der ein-
zelnen Gemeindeglieder verwendet wurden. Da, wo für die Befriedigung _ der
Gemeindebedürfnisse eine persönliche Tätigkeit notwendig wurde, trat die Ver-
flichtung der Gemeindeangehörigen zu Naturaldiensten ein. Erst im Laufe
es Mittelalters entwickelte sich mit der Ausbildung der Geldwirtschaft
namentlich in den Städten eine Finanzverwaltung der Gemeinden.
Reste der Naturalwirtschaft haben sich jedoch bis zum heutigen Tage erhalten.
Noch jetzt werden in den ‘meisten Landgemeinden und von vielen kleineren
Städten die Gemeindeglieder im Interesse der Gemeindeverwaltung zu Hand-
und Spanndiensten hersngezogen, und selbst in Orten, deren Verwaltung im
wesentlichen auf Geldwirtschaft basiert ist, sind_die Gemeindeangeliörigen
wenigstens in außerordentlichen Fällen, z. B. bei Wassers- und Feuersgefahr,
zur Leistung persönlicher Dienste verbunden. (Vgl. Jolly, Art. Gemeinde-
dienste VRWw 1, 501. Preuß. Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 $ 68).
23 Mit Unrecht spricht Laband, Annalen 1873, S. 405 und 406 den Ge-
meinden die Finanzgewalt ab und behauptet, daß sie nur eine Finanz wirt-
schaft hätten. In den den Gemeinden auf dem Gebiete der Finanzverwaltung
zustehenden obrigkeitlichen Befugnissen, insbesondere in ihrem Besteuerungs-
recht, ist unzweifelhaft eine Finanzgewalt enthalten. Diese Gewalt ist ein
eigenes Recht der Gemeinden und beruht nicht etwa auf einer Delegation der
Staatsgewalt. Übereinstimmend: Rosin, Annalen 1883, $. 293; Jellinek,
System? S. 276%. ,
& Über die deutschen Gemeindeordnungen Meyer-Anschütz $ 110,
Anmerkung. Von den besonderen Gesetzen ist namentlich das preußische
Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 zu nennen.