Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

628 Fünftes Buch. $ 217. 
Finanzvermögen ist der Inbegriff der Staatsgüter, welche 
dem Staate als Einnahmequelle dienen. Zu diesen gehören: 1. die 
fruchttragenden Grundstücke des Staates, die in landwirtschaftlich 
benutzte Grundstücke (Domänen i. e. $.) und Forsten zerfallen, 
2. die Staatsbergwerke, 3. die Staatseisenbahnen, 4. die Staatsfabriken, 
5. die Aktivkapitalien des Staates, Sie sind, da sie dem Staate 
Einnahmen gewähren, jedenfalls ein Gegenstand der Finanzverwaltung. 
Doch ist der finanzielle Gesichtspunkt bei ihrer Verwaltung keines- 
wegs der allein maßgebende; sie können daneben, ja sogar in erster 
Linie zur Förderung der Volksinteressen, der nationalen Wirtschaft 
und des allgemeinen Verkehrs bestimmt sein. Je nachdem der eine 
oder andere Gesichtspunkt mehr in den Vordergrund tritt, erfolgt 
die Verwaltung der einzelnen Güterkomplexe durch das Finanz- 
ministerium oder durch ein anderes Ressortministerium (Ministerium 
für Landwirtschaft, für Handel, für öffentliche Arbeiten). 
Mit Rücksicht auf die finanzielle Bedeutung des Finanzvermögens 
unterliegt die Veräußerung der dazu gehörenden Güter besonderen 
Beschränkungen. Diese Beschränkungen sind materieller und formeller 
Natur. Materieller Natur ist die Vorschrift, daß Veräußerungen 
von Staatsgut nur stattfinden dürfen, wenn dafür ein genügendes 
Aquivalent erlangt wird®; durch diese Bestimmung werden zwar 
Schenkungen, dagegen nicht Verkäufe von Staatsgut ausgeschlossen. 
Die formellen Beschränkungen bestehen darin, daß die Vornahme 
von Veräußerungen an die Zustimmung gewisser staatlicher Organe 
ebunden ist. Im Patrimonialstaate, in dem das Kammergut als 
rivatgut des fürstlichen Hauses betrachtet wurde, war für dessen 
Veräußerungen der Konsens der Agnaten erforderlich. Da aber die 
Kammergüter zugleich die Grundlage der Landesfinanzverwaltung 
bildeten und da, wo die Einkünfte zur Bestreitung der Ausgaben 
nicht hinreichten, die Bewilligung. von Steuern notwendig wurde, so 
hatten auch die Landtage ein lebhaftes Interesse, der Verschleuderung 
des Kammergutes vorzubeugen. Sie setzten es regelmäßig durch, 
daß die Veräußerung von Kammervermögen an ihre Zustimmung 
gebunden wurde. Da wo ein besonderes Kammervermögen als 
Fideikommißgut des regierenden Hauses bestehen geblieben ist, hat 
sich nicht nur die Notwendigkeit des agnatischen Konsenses, sondern 
auch das Zustimmungsrecht der Landstände bei Veräußerungen 
erhalten‘. Bei den für Staatsgut erklärten Domänen kommt eine 
für zuständig erklärten Stelle notwendig (G. über den Staatsvoranschlag und 
die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben vom 22. Mai 1882 Art. 28, 29.) 
.., ° Preuß. A.L.R. Teil II, Tit. 14, 8$ 16-20, die Bestimmungen desselben 
sind deklariert durch Edikt und Hausgesetz über die Veräußerlichkeit der 
königlichen Domänen vom 2 - x ausgedehnt auf die in den Jahren 
1813—1815 neu erworbenen Landesteile durch Verordnung vom 9. März 1819, 
auf die im Jahre 1866 erworbenen Landesteile durch Verordnung vom 5. Juli 
1867 und G. vom 16. März 1881 $ 3: Vgl. v. Roenne-Zorn, Preuß. Staatar. 
(1906) 2, 569; Hue de Grais $ 1238. Bayr. Verf. Tit. III, $$ 3-7. Vgl. dar- 
über Seydel, Bayr. Staater. 2, 379. Hess. G. über die Formen der Domänen- 
veräußerung vom 2. Juni 1821. 
* Vgl. Meyer-Anschütz $ 205 12-15, 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.