II. Verwaltungsgerichtsbarkeit. $ 12. 49
bestehenden Rechtes noch eine sehr parteiische Handhabung der
Verwaltungsbefugnisse möglich, indem die mit der Verwaltung in
Berührung kommenden Privatpersonen unter Rücksichtnahme auf
Verhältnisse, die außerhalb der einzelnen Verwaltungsfrage liegen,
z. B. auf ihre politische Parteistellung, in ungleicher Weise behandelt
werden können. Aber derartigen Eventualitäten kann durch die Ver-
waltungsgerichtsbarkeit, überhaupt durch bloße Rechtskontrollen nicht
egegnet werden; die Garantie dagegen ist nur in einer entsprechen-
den Verfassung der Verwaltungsbehörden zu finden. ,
Die Abgrenzung der Kompetenz der Verwaltungsgerichte ist
nach einer zweifachen Richtung notwendig: 1. gegenüber den ordent-
lichen Gerichten 4, 2. gegenüber den Verwaltungsbehörden.
b) Abgrenzung der Kompetenz der Verwaltungsgerichte gegenüber den
ordentlichen Gerichten.
g 12.
Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist teils Straf-
Serichtsbarkeit, teils Zivilgerichtsbarkeit. Erstere be-
zweckt die Aufrechterhaltung der öffentlichen Rechtsordnung durch
Verhäugung von Strafe für deren schuldvolle Verletzungen, letz-
tere den Schutz des individuellen Rechtskreises gegenüber Ver-
letzungen durch andere Privatrechtssubjekte. Die Verwaltungs-
gerichtsbarkeit dagegen soll die Äufrechterhaltung der öffent-
lichen Rechtsordnung und den Schutz des individuellen Rechtskreises
gegenüber Handlungen der Verwaltungsorgane sichern.
‚Verwaltungsgerichtsbarkeit und Strafgerichtsbar-
keit berühren sich insofern, als beide die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Rechtsordnung bezwecken. Sie unterscheiden sich jedoch
durch die Beschaffenheit der zu verfolgenden Rechtsverletzungen und
waltungsgerichte nicht ausgeschlossen, wenn der betreffende Verwaltungsakt
vor ihnen auf Grund der Behauptung, daß gesetzwidrig verfahren sei, an-
gegriffen werden kann. Von den deutschen Gesetzgebungen hat die preußische
en Verwaltungsgerichten in dieser Hinsicht den weitesten Spielraum ein-
eräumt. Doch ist die Befugnis derselben auf denjenigen Gebieten, wo es sich
ediglich um Zweckmäßigkei äg und Beurteilungen tatsächlicher Ver-
hältnisse handelt, durch die neuere Gesetzgebung, insbesondere das Zust.G.
vom 1. August 1883, gegenüber den ursprünglichen Vorschriften einigermaßen
beschränkt worden,
[Vgl. Otto Mayer 1, 164 fi; Fleiner, Einzelrecht und öffentliches
Interesse. Abhandlungen f. Laband 2, 9 über die Theorie von dem unüber-
prüfbaren Ermessen (vgl. die dort berücksichtigte Literatur und Recht-
sprechung); Stier-Somlo, Das freie Ermessen in Rechtsprechung und Ver-
waltung. Abhandlungen f. Laband 2, 445; R. Schmidt, Lehrbuch des
deutschen Zivilprozeßrechts®, 1906, S. 179]
* [Über die reichsrechtlichen Schranken vgl. Schultzenstein, Gutucht.
f. d. 29. Juristentag S. 5: R.Str.P.O. $$ 453 f.; G.V.G. $ 13; E.G. 2. 2.P.0. $ 4;
ausdrücklich vorgeschrieben ist die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte im
.B. 85 44, 62 und für Streitigkeiten des sozialen Versicherungsrechts. Vgl.
auch Stein, Zivilprozeßordnung® u. ® 1906. 1, 3.
Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aufl. 4