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durch die Maßregeln, welche dagegen ergriffen werden. Bei der
Verwaltungsgerichtsbarkeit genügt das Vorhandensein einer objektiven
Rechtsverletzung, bei der Strafgerichtsbarkeit muß ein subjektives
Moment, das Verschulden des Täters, hinzukommen. Bei der Ver-
waltungsgerichtsbarkeit handelt es sich um Handlungen staatlicher
Organe, bei der Strafgerichtsbarkeit um Handlungen bestimmter
physischer Personen. Die betreffende physische Person kann aller-
dings nicht bloß eine Privatperson, sondern auch ein Beamter sein,
der in Ausübung seines Amtes schuldvolle Verletzungen der Rechts-
ordnung begangen hat. Sie tritt dann aber in dem Strafverfahren
nicht als Träger des öffentlichen Amtes, sondern als verbrecherisches
Individuum auf. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit endlich begnügt
sich mit einer Beseitigung der objektiven Rechtsverletzung, die Straf-
gerichtsbarkeit geht darauf hinaus, den schuldvollen Verletzer der
Rechtsordnung mit Strafe zu belegen, d. h. ihm ein Übel zuzufügen.
Verwaltungsgerichtsbarkeit und Zivilgerichtsbar-
keit! bezwecken beide den Schutz des individuellen Rechtskreises,
die Zivilgerichtsbarkeit ausschließlich, die Verwaltungsgerichtsbarkeit
in dem größten Teil der in ihren Bereich fallenden Angelegenheiten.
Sie unterscheiden sich dadurch, daß die Zivilgerichtsbarkeit den
Schutz der Privatrechte, die Verwaltungsgerichtsbarkeit den der
öffentlichen Rechte zum Gegenstande hat. Bei den privat-
rechtlichen Streitigkeiten stehen sich einzelne Individuen als gleich-
berechtigte Subjekte gegenüber. Als ein solches Individuum kann
auch der Staat auftreten. Er übt gegenüber seinen Untertanen nicht
bloß Hoheitsrechte aus, sondern tritt zu ihnen auch in vermögens-
rechtliche Beziehungen, wie sie unter Privatpersonen vorkommen
können. In bezug auf diese gilt er in unserem Recht unter der Be-
zeichnung Fiskus als Privatrechtssubjekt, Streitigkeiten über Rechts-
verhältnisse der gedachten Art gehören vor die Zivilgerichte. Bei
den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten kommt dagegen der einzelne
nicht als Individuum, sondern als Glied des Gemeinwesens in Be-
tracht. Zu ihnen gehören also namentlich die Streitigkeiten, bei
denen es sich um die Rechtmäßigkeit von solchen Verwaltungsakten
handelt, welche die Ausübung von Hoheitsrechten zum Gegenstande
haben. Hinsichtlich dieser waren vor Einführung der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit lediglich die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden
! [Eine Übersicht über die Verschiedenheit in der Abgrenzung der Kom-
petenz der Verwaltungsgerichte geben auch Anschütz, Verw.R. S. 363 und
unter Berücksichtigung such der kleineren Bundesstaaten Schultzenstein,
Gutachten f. d. 29. uristentag S. 5.— Vgl. Otto Mayer 1, 211: Zuständigkeit
der Zivilgerichte gegenüber der Verwaltung.]
2 [Vgl. Wach, Handbuch des deutschen Zivilprozeßrechts. 1885. 1, 77.
8: Zivilprozeßsache und Administrativsache; Hellwig, Lehrbuch d. deutsch.
ivilprozeßrechts 1903, 1, 43: Vor die Verwaltungsbehörden — gemeint sind
Verwaltungsbehörden im weiteren Sinne, d. h, einschließlich der Verwaltungs-
gerichte — gehören alle Rechtsstreitigkeiten, die entweder nicht „bürgerlich“
sind oder ausnahmsweise vor sie gehören, obwohl sie es sind; ferner aber alle
anderen Angelegenheiten, bei denen es sich nicht um Rechtsstreitigkeiten,
sondern um die freie Wahrnehmung der öffentlichen Interessen handelt]