III. Steuern. $ 224. 651
Die Quellen des deutschen Zollrechtes sind:
1. die Reichsverfassung, die in Art. 33—40 die grund-
legenden Bestimmungen tiber Zollwesen enthält;
2. die ehemaligen Zollvereinsverträge, die mit, dem
Aufhören des Zollvereins ihre Geltung nicht nur nicht verloren haben,
sondern durch die Reichsverfassung ausdrücklich aufreeht erhalten
sind®. Die Reichsverfassung erwähnt allerdings nur die Aufrecht-
erhaltung des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867. Da nach
letzterem aber auch alle Bestimmungen der früheren Verträge und
der dazu gehörigen Schlußprotokolle, soweit sie nicht abgeändert
sind, in Kraft* bleiben, so hat die Vorschrift der Reichsverfassung
indirekt auch jene älteren Bestimmungen aufrecht erhalten. Zu
diesen gehört namentlich auch das Zollkartell vom 11. Mai 18335,
dessen Bestimmungen übrigens jetzt zum großen Teil durch die Vor-
schriften des Gerichtsverf: gsgesetzes und der Strafprozeßordnung
ersetzt worden sind®. Die Abänderung der Vorschriften der Zoll-
vereinsverträge kann nach Art. 40 der R.Verf. auf dem in Art. 7
bzw. 78 bezeichneten Wege, d. h. entweder auf dem der Verfassungs-
gesetzgebung oder auf dem der einfachen Gesetzgebung oder auf
dem der Verordnung erfolgen’. Den Charakter von Verfassungs-
vorschriften besitzen die Bestimmungen, welche: entweder 1. eine
Abgrenzung der Rechtssphäre zwischen Einzelstaaten und Reich
betreffen, oder 2. sich auf Gegenstände beziehen, die nicht unter die
so daß zu jeder Änderung die Übereinstimmung aller beteiligten Staaten not-
wendig war.
Bei der Gründung des Norddeutschen Bundes boten sich die
schon bisher gemeinsamen Einnahmen aus den Zöllen als die natürlichste
Grundlage für die Bundesfinanzen dar. Das Zollwesen wurde für einen Gegen-
stand der Bundesgesetzgebung erklärt, der Ertrag der Zölle sollte in die
Bundeskasse fließen. Dadurch war für die norddeutschen Staaten das bisherige
vertragsmäßige Verhältnis in ein verfassungsmäßiges übergegangen.
agegen wurde der Zollverein zwischen dem Norddeutschen Bunde
und den süddeutschen Staaten fortgesetzt, erfuhr aber durch den Vertrag
vom 8. Juli 1867 eine völlige Umgestaltung. Er erhielt eine Organisation, die
sich eng an die des Norddeutschen Bundes anschloß. Die rechtliche Grun 2g°
des Verhältnisses blieb zwar der erwähnte völkerrechtliche Vertrag, für die
nähere Regelung des Zollwesens bestand dagegen eine gemeinsame (eset2-
ebung. Der Ertrag der Zölle wurde zwischen dem Norddeutschen Bunde und
den süddeutschen Staaten nach Maßgabe der Bevölkerung verteilt.
Mit der Gründung des Deutschen Reiches hörte dieses Ver-
hältnis auf. In bezug auf das Zollwesen traten nunmehr für alle deutschen
Staaten die Grundsätze in Kraft, die bisher für die norddeutschen maßgebend
gewesen waren. Das Zollwesen wurde Gegenstand der Reichsgesetzgebung
und die Zollerträge flossen in die Reichskasse. Der Zollverein ging im Reiche
auf. Trotz des Aufhörens des Zollvereins behielten aber die Bestimmungen
der Zollvereinsverträge ihre Gültigkeit und wurden sogar durch die Reichs-
verfassung (Art. 40) ausdrücklich aufrecht erhalten, sie verloren nur den
Charakter völkerrechtlicher Vertragsbestimmungen und erhielten die Kraft von
Reichsgesetzen. i
3 R.Verf. Art. 40. Vgl. Delbrück (R.), Der Artikel 40 der Reichs-
verfassung 1881. ,
4 ZN. Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 1. Schlußprot, Nr, 1.
s Z,V. Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 3,8 7.
° Delbrück S. 20; Laband.
? Vgl. Laband 4, 389.