III. Steuern. $ 225. 655
würde also ein Reichsgesetz erforderlich sein. Deutschland hat. aber
England gegenüber die Verpflichtung übernommen, den zurzeit der
Abtretung der Insel bestehenden Zolltarif bis zum 1. Januar 1910
nicht zu erhöhen '!®.
IL. Aus dem Grundsatze, daß Deutschland ein einheitliches
Zoll- und Handelsgebiet ist, ergeben sich folgende Kon-
sequenzen:
l. Die Regelung des Handelsverkehrs mit dem Aus-
lande steht lediglich dem Reiche zu!!,
a) Der Erlaß von Ausfuhr- und Einfuhrverboten gegen-
über dem Ausland kann nur durch. das Reich erfolgen. Denn die
Ein- und Ausfuhrverbote sind Verordnungen, durch welche gesetz-
liche Vorschriften zeitlich außer Kraft gesetzt werden. Solche Ver-
ordnungen können aber auf einem Gebiete, welches der ausschließ-
lichen gesetzgeberischen Kompetenz des Reiches unterliegt, lediglich
von einem Organe des Reiches ausgehen !®. Die Einzelstaaten sind
zu einer derartigen Anordnung nur insoweit berechtigt, als ihnen
die Befugnis dazu durch reichsgesetzliche Vorschrift beigelegt ist!®,
Eine solche Vorschrift besteht zurzeit jedoch nur in bezug auf Vieh-
seuchen !#.
b) Die Auflegung von Zöllen auf die vom Ausland eingehen-
den oder aus dem Reiche ausgehenden Waren kann nur vom Reiche
geschehen. Den Einzelstaaten ist die Berechtigung zur Erhebung
weiterer Abgaben von den aus dem Auslande eingeführten Erzeug-
nissen nur mit Rücksicht auf die Besteuerung gleichartiger innerer
Erzeugnisse innerhalb reichsgesetzlich sehr eng gezogener Grenzen
gestattet !®,
2. Innerhalb des Reiches besteht völlige Verkehrs-
freiheit. Alle Gegenstände, die im freien Verkehr eines Bundes-
staates sich befinden, können in jeden andern Bundesstaat eingeführt
werden !°, Daraus folgt:
a) Ausfuhr- und Einfuhrverbote können von einem
Bundesstaate gegen einen andern nicht erlassen werden !T’., Die landes-
ı° Vertr. mit England vom 1. Juli 1890 Art. XII. — Ein Einschluß der
Insel in das deutsche Zollsystem war bis zum 1. Januar 1910 völkerrechtlich
ausgeschlossen. — Ein genaues Verzeichnis der deutschen Zollausschlüsse bei
v. Aufseß, Annalen 1893 S. 194. Vgl. auch Laband 4, 395.
1 R.Verf. Art. 35. Hier wird dem Reiche die ausschließliche Gesetzgebung
über das gesamte Zollwesen zugesprochen. Diese begreift nach dem in Deutsch-
land maßgebenden Sprachgebrauche nicht nur die Bestimmungen über die Ein-
gangs- und Ausgangsabgaben, sondern auch die über Einfuhr- und Ausfuhr-
verbote.
12 Vgl, oben $ 183 S. 366.
18 Üßereinstimmend: Laband 4, 402, Delbrück S. 24; Seydel, Kom-
mentar? $. 229. un
* R.G., Maßregeln gegen die Rinderpest betr., vom 7. April 1869. Vieh-
seuchengesetz vom 26. Juni 1909. — Vgl. oben $ 88,
18 Z,V, Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 5, Nr. I.
18 R.Verf. Art. 38. Z.V. Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 4.
17 In Art.4 des Z.V. Vertr. vom 8. Juli 1867 Abs. 2—4 war den vertrags-
schließenden Teilen die Befugnis zum Erlaß von Ausfuhrverboten gegen ein-
ander unter der Voraussetzung vorbehalten, daß sich eine Vereinbarung über