Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

660 Fünftes Buch. $& 227, 
zollfreien Niederlage, so tritt die Zollpflicht ein, wenn sie dieser 
Niederlage entnommen wird. Die Verpflichtung zur Entrichtung des 
Zolles liegt dem ob, der Inhaber (natürlicher Besitzer) des zoll- 
pflichtigen Gegenstandes ist®. 
Der Zollpflicht unterliegen nur die ihr ausdrücklich unterworfenen 
Waren, ihre Bestimmung und die Festsetzung des von ihnen zu er- 
hebenden Zollbetrages erfolgte durch das zurzeit geltende Reichs- 
gesetz betreffend den Zolltarif des deutschen Zollgebietes 
vom 25. Dezember 1902 (R.G.Bl. S. 303). Dieser Tarif hat den 
Charakter eines Generaltarifs, d. h. er findet gegenüber allen 
auswärtigen Staaten Anwendung, mit denen nicht eine vertragsmäßige 
Vereinbarung über anderweite Zollsätze getroffen ist. Derartige Ver- 
einbarungen finden auf die Vertragsstaaten und auf die anderen 
Staaten Anwendung, die dem Reiche gegenüber einen vertrags- 
mäßigen Anspruch auf die Behandlung als meistbegünstigte Nationen 
besitzen. 
Der Reichsregierung ist für gewisse Fälle die Befugnis vorbehalten, 
eine Erhöhung der durch den Zolltarif festgestellten Zölle auf dem 
Verordnungswege herbeizuführen. Eine solche Erhöhung ist gegen- 
über Staaten zulässig, die deutsche Schiffe oder Waren deutscher 
Herkunft ungünstiger behandeln, als Schiffe oder Waren anderer 
Staaten. Waren, die aus diesen Staaten kommen, können, soweit nicht 
Vertragsbestimmungen entgegenstehen, mit einem Zuschlage bis zu 
50 Proz. der tarifmäßigen Eingangsabgaben belegt werden. Die An- 
ordnung eines derartigen Zuschlages hat den Charakter einer Retor- 
sionsmaßregel, sie kann durch eine kaiserliche Verordnung erfolgen, 
die mit Zustimmung des Bundesrates erlassen wird. Die Verordnung 
muß dem Reichstage sofort oder, wenn er nicht versammelt ist, bei 
seinem nächsten Zusammentritte zur Zustimmung mitgeteilt werden. 
Sie ist außer Kraft zu setzen, wenn der Reichstag die Zustimmung 
nicht erteilt*®. . 
Auf Grund des Zolltarifs erfolgt die Aufstellung des amtlichen 
Warenverzeichnisses, welches die einzelnen Warenartikel nach 
ihren im Handel oder sonst üblichen Benennungen in alphabetischer 
Ordnung aufzählt und die Tarifnummer bezeichnet’. Das amtliche 
Zollinie. Der nasse Küstensaum, welcher der Territorialgewalt des Reiches 
unterworfen ist, fällt also nicht in die Zollinie hinein. Die den Wasserspiegel 
begrenzende Linie des Landes wird aber auch dann als Zollinie betrachtet, 
wenn das Zollgebiet an andere Gewässer grenzt, deren Stand von Ebbe und 
Flut abhängig ist. Da, wo Zollausschlüsse bestehen, bildet natürlich diejenige 
Vz Eu lgrenze, welche diese Zollausschlüsse vom Zollgebiete trennt 
3 V.2.G.8 18. 
  
* Zollvertragsgesetz von 1902 $ 10. — Die Befugnis zum Erlaß der 
Retorsionsmaßregel besteht nicht bloß dann, wenn die deutschen Waren in 
einem Staate ungünstiger behandelt werden als die Waren aller Länder, sondern 
schon dann, wenn sie ungünstiger behandelt werden, als die eines einzigen 
dritten Landes. Vgl. Schraut, System der Handelsverträge und der Meist- 
begünstigung S.11. Laband 4, 406. 
treid » v.2.G. $ 12. — Vgl. Zolltarifges. 1902 $ 1 über die Zollsätze für Ge- 
reide.
	        
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