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GC, Gemeindesteuern!.,
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- I. Die wesentliche Grundlage der Gemeindebesteuerung bilden
Ertrags- und Einkommensteuern. Diese werden in den
meisten deutschen Staaten als Zuschläge zu den Staatssteuern
erhoben?. Der Maßstab, nach dem sich die Zuschläge auf die ein-
zelnen Staatssteuern verteilen, ist gesetzlich fixiert, oder seine Fest-
setzung erfolgt durch Gemeindebeschluß unter Bestätigung der Auf-
sichtsbehörde. Das Objekt der Besteuerung bilden hier dieselben
Gegenstände, die Objekt der staatlichen Besteuerung sind, also das
Einkommen aus Grundstücken, Gebäuden, Gewerben, Kapitalrenten,
Leistung persönlicher Dienste und das Gesamteinkommen. Die
Höhe, in welcher die Erhebung von Kommunalsteuern der gedachten
Art erfolgt, wird in Prozenten der Staatssteuern ausgedrückt. In
einzelnen Ländern finden sich besondere, von den staatlichen unab-
hängige Gemeindesteuern, die aber einheitlich für den ganzen Staat?
geregelt sind; in anderen fehlt eine gleichartige Ordnung, die Ge-
staltung der Steuern ist den einzelnen Gemeinden unter staatlicher
Aufsicht überlassen. In Preußen* sind die Gemeinden in erster
Linie auf die als Staatssteuern aufgegebenen Realsteuern angewiesen;
daneben können sie eine Einkommensteuer erheben. Sie haben die
Befugnis besondere Grund- und Gewerbesteuern einzuführen; tun
sie dies nicht, so erfolgt die Besteuerung des Grundbesitzes und des
Gewerbebetriebes in Prozenten der vom Staate veranlagten Grund-,
Gebäude- und Gewerbesteuern. Dagegen dürfen Gemeindesteuern
vom Einkommen lediglich auf Grund der Veranlagung zur Staats-
einkommensteuer und in der Regel nur in der Form von Zuschlägen
erhoben werden; besondere Gemeindeeinl teuern werden nur
aus besonderen Gründen zugelassen und bedürfen der Genehmigung.
Das Verhältnis dieser Steuern zu einander gestaltet sich folgender-
maßen: Die vom Staate veranlagten Realsteuern sind mindestens
zu dem gleichen und höchstens zu einem um die Hälfte höheren
Prozentsatze zur Kommunalsteuer heranzuziehen, als Zuschläge zur
Staatseinkommensteuer erhoben werden. Übersteigen die Real-
steuern 100 ° nicht, so darf die Einkommensteuer freigelassen oder
mit einem geringen Prozentsatz herangezogen werden. Werden mehr
als 150 °/ der staatlich veranlagten Realsteuern erhoben und ist die
Staatseinkommensteuer gleichfalls mit 150 % Zuschlag belastet, so
kann zur Aufbringung des Mehrbetrages das Verhältnis so geregelt
werden, daß auf jedes Prozent der staatlich veranlagten Realsteuern
2° der Staatseinkommensteuer kommen. Mehr als 200% der
I v. Reitzenstein, Art, Gemeindesteuern V.R.W. 1, 524. v. Eheberg,
Art. Kommunalfinanzen H.W.B.? 6, 36. — Vgl. auch Gemeindefinanzen.
Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Bd. 1% (1908), 127 (1910).
° So u. a. in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen.
® So in Sachsen.
* Vgl. Fuistin 8 ie preußischen direkten Steuern, Bd. 4: Grundzüge
der Steuerlehre 1902, S. 28.