Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

696 Fünftes Buch. $ 250. 
GC, Gemeindesteuern!., 
8 250. 
- I. Die wesentliche Grundlage der Gemeindebesteuerung bilden 
Ertrags- und Einkommensteuern. Diese werden in den 
meisten deutschen Staaten als Zuschläge zu den Staatssteuern 
erhoben?. Der Maßstab, nach dem sich die Zuschläge auf die ein- 
zelnen Staatssteuern verteilen, ist gesetzlich fixiert, oder seine Fest- 
setzung erfolgt durch Gemeindebeschluß unter Bestätigung der Auf- 
sichtsbehörde. Das Objekt der Besteuerung bilden hier dieselben 
Gegenstände, die Objekt der staatlichen Besteuerung sind, also das 
Einkommen aus Grundstücken, Gebäuden, Gewerben, Kapitalrenten, 
Leistung persönlicher Dienste und das Gesamteinkommen. Die 
Höhe, in welcher die Erhebung von Kommunalsteuern der gedachten 
Art erfolgt, wird in Prozenten der Staatssteuern ausgedrückt. In 
einzelnen Ländern finden sich besondere, von den staatlichen unab- 
hängige Gemeindesteuern, die aber einheitlich für den ganzen Staat? 
geregelt sind; in anderen fehlt eine gleichartige Ordnung, die Ge- 
staltung der Steuern ist den einzelnen Gemeinden unter staatlicher 
Aufsicht überlassen. In Preußen* sind die Gemeinden in erster 
Linie auf die als Staatssteuern aufgegebenen Realsteuern angewiesen; 
daneben können sie eine Einkommensteuer erheben. Sie haben die 
Befugnis besondere Grund- und Gewerbesteuern einzuführen; tun 
sie dies nicht, so erfolgt die Besteuerung des Grundbesitzes und des 
Gewerbebetriebes in Prozenten der vom Staate veranlagten Grund-, 
Gebäude- und Gewerbesteuern. Dagegen dürfen Gemeindesteuern 
vom Einkommen lediglich auf Grund der Veranlagung zur Staats- 
einkommensteuer und in der Regel nur in der Form von Zuschlägen 
erhoben werden; besondere Gemeindeeinl teuern werden nur 
aus besonderen Gründen zugelassen und bedürfen der Genehmigung. 
Das Verhältnis dieser Steuern zu einander gestaltet sich folgender- 
maßen: Die vom Staate veranlagten Realsteuern sind mindestens 
zu dem gleichen und höchstens zu einem um die Hälfte höheren 
Prozentsatze zur Kommunalsteuer heranzuziehen, als Zuschläge zur 
Staatseinkommensteuer erhoben werden. Übersteigen die Real- 
steuern 100 ° nicht, so darf die Einkommensteuer freigelassen oder 
mit einem geringen Prozentsatz herangezogen werden. Werden mehr 
als 150 °/ der staatlich veranlagten Realsteuern erhoben und ist die 
Staatseinkommensteuer gleichfalls mit 150 % Zuschlag belastet, so 
kann zur Aufbringung des Mehrbetrages das Verhältnis so geregelt 
werden, daß auf jedes Prozent der staatlich veranlagten Realsteuern 
2° der Staatseinkommensteuer kommen. Mehr als 200% der 
I v. Reitzenstein, Art, Gemeindesteuern V.R.W. 1, 524. v. Eheberg, 
Art. Kommunalfinanzen H.W.B.? 6, 36. — Vgl. auch Gemeindefinanzen. 
Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Bd. 1% (1908), 127 (1910). 
° So u. a. in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen. 
® So in Sachsen. 
* Vgl. Fuistin 8 ie preußischen direkten Steuern, Bd. 4: Grundzüge 
der Steuerlehre 1902, S. 28.
	        
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