Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

I. Reichsausgaben. $ 253. 703 
2. Beiträge, welche die Einzelstaaten dem Reiche deshalb zu 
leisten haben, weil ee gewisse Geschäfte für sie mit be- 
sorgt. Zahlungen dieser Art sind die Beiträge Bayerns und 
Württembergs zu den Kosten der Zentralpostverwaltung, die Beiträge 
Preußens zu den Kosten der auswärtigen Verwaltung, die Beiträge 
Elsaß-Lothringens zu den Kosten des Reichsschatzamtes und des 
Rechnungshofes. Da die angegebenen Beiträge nicht kraft der bloßen 
Mitgliedschaft, sondern als Äquivalent für eine Leistung des Reiches 
bezahlt werden, so haben sie nicht den Charakter von Steuern, 
sondern den von Gebühren. 
Wegen der vielfachen Zahlungen, die Reichskasse und Landes- 
kassen einander zu leisten haben, besteht zwischen beiden ein Ab- 
rechnungsverhältnis, das durch Vorschriften vom 13. Januar 
1872 geregelt ist. : 
Drittes Kapitel. 
Ausgaben. 
1. Reichsausgaben'. 
$ 253. 
Die Reichsausgaben sind ebenso wie die Staatsausgaben, 
ordentliche, die periodisch wiederkehren, und außerordent- 
liche, die durch die Bedürfnisse eines bestimmten Zeitpunktes 
hervorgerufen sind. Sie dienen zur Bestreitung der Erhebungs- und 
Verwaltungskosten der Reichseinnahmen, der Gehalte und sonstigen 
dienstlichen Bezüge der Reichsbeamten?, der sachlichen Bedürfnisse, 
die bei Ausübung der einzelnen Reichstätigkeiten auftreten, der Ver- 
zinsung und Amortisation der Reichsschuld. 
Die Reichsausgaben haben den Charakter von Zahlungen 
des Reiches an andere Rechtssubjekte. Die Leistung der Zahlungen 
erfolgen teils nach freiem Ermessen der Reichsorgane, teils erscheinen 
sie als Ausfluß einer rechtlichen Verbindlichkeit. Die ersteren 
werden durch den Reichshaushaltsetat festgestellt? oder von den 
dem Ertrage dieser Steuern, sie werden in der Weise festgestellt, daß 
für jeden Kopf der von der Besteuerung ausgeschlossenen Bevölkerung 
dieselbe Summe gezahlt werden muß, die nach dem Ertrage der Steuer auf den 
Kopf der von der Besteuerung betroffenen Bevölkerung entfällt. Die Aversen 
haben ebenso wie die Matrikularbeiträge den Charakter von Steuern, welche 
das Reich den Einzelstaaten kraft seiner Herrschaftsbefugnisse auferlegt. 
I Laband 4, 470. — Vgl. Schwarz, Formelle Finanzverwaltung $. 48 
über Ausgabenbewilligungsrecht und Ausgabenbewilligungspflicht. 
® Da der Kaiser eine Dotation vom Reiche nicht erhält und die Mitglieder 
des Bundesrates ebenfalls keine persönlichen Bezüge vom Reiche empfangen, 
so kommen persönliche Ausgaben nur bei den Mitgliedern des Reichstags und 
den Reichsbeamten vor. Bei den anderen Organen des Reiches entstehen nur 
sachliche Ausgaben. 
8 Das Reich ist befugt Aufwendungen für wissenschaftliche, künstlerische, 
volkswirtschaftliche und sonstige gemeinnützige Zwecke jeder Art kraft Fest- 
stellung im Reichshaushaltsetat zu machen. A. A.: Haenel 1, 380.
	        
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