Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

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56 Erstes Buch. $ 15. 
standen und dadurch deren Ausführung zu verhindern; gegenüber 
dieser Beanstandung können letztere ihrerseits den Weg des Ver- 
waltungsstreitverfahrens beschreiten. Sie treten also als Kläger, der 
staatliche Verwaltungsbeamte als Beklagter auf. Ein solches Recht 
der Beanstandung ist in Preußen dem Bürgermeister, Gemeindevor- 
stand bzw. Amtmann gegenüber den Gemeindekollegien, dem Landrat 
gegenüber den Beschlüssen des Kreistages und der Kreiskommissionen 
und gegenüber Beschlüssen des Kreisausschusses in Kommunal- 
angelegenheiten des Kreises, dem Oberpräsidenten gegenüber Be- 
schlüssen des Provinziallandtages, des Provinzialausschusses und der 
Provinzialkommissionen eingeräumt. Das erstere Verfahren ist also 
auf dem Gebiete der staatlichen, das letztere auf dem der kommunalen 
Angelegenheiten herrschend. In Baden kann der Vorsitzende des 
Bezirksrates Beschlüsse desselben wegen Gesetzwidrigkeit im öffent- 
lichen Interesse anfechten und zur Entscheidung des Verwaltungs- 
gerichtshofes bringen. Ebenso dürfen kommunale Körperschaften die 
Verwaltungsklage erheben, wenn ihre Beschlüsse von den staatlichen 
Aufsichtsbehörden als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Rechts- 
grund, auf welchen sich die Anfechtungen und Beanstandungen zu 
stützen haben, ist die Verletzung der Gesetze oder die Überschreitung 
der Befugnisse durch das betreffende Kollegium, zur Entscheidung 
der Verwaltungsgerichte gelangen also in diesem Falle nur Fragen 
des objektiven Rechtes!. 
2. Die zweite Form ist die, daß die Anfechtung nicht einem be- 
stimmten Verwaltungsorgane zusteht, sondern in Form einer Popu- 
larklage geltend gemacht werden kann. Dies ist der Fall bei 
Wahlen von kommunalen Beamten oder Wahlen zu kommunalen 
Körperschaften, sowie bei Wahlen zu einzelnen Spezialvertretungen, 
namentlich den Handelskammern?. Die Anfechtung steht hier jedem 
Wahlberechtigten oder jedem Mitgliede der Wahlversammlung zu. 
Der Rechtsgrund der Anfechtung ist die nicht ordnungsmäßige Voll- 
ziehung der Wahl, also die Verletzung der gesetzlichen und reglemen- 
tarischen Vorschriften ®. 
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Im Gegensatz zu den oben erwähnten Angelegenheiten steht die 
zweite Gruppe der Verwaltungsstreitsachen. Es sind das die- 
  
! Nicht zutreffend ist die Ansicht von Rehm Bl. f. admin. Prax. XL, 229. 
daß auch hier subjektive Rechte, nämlich Zuständigkeiten der verschiedenen 
Staatsorgane, in Frage ständen. Auf Zuständigkeiten ist der Begriff des sub- 
jektiven Rechts überhaupt nicht anwendbar. Vgl. Jellinek, System® S. 227. 
2 (So in Baden und Preußen.] 
3 Die Behauptung I,oenings, Verw.R. S. 798, N. 2, daß die deutschen 
Gesetze Popularklagen, mittelst deren ein mehr oder minder unbestimmter Kreis 
von Personen zur Wahrung der Rechtsordnung im Verwaltungsstreitverfahren 
berufen wäre, nicht kennten, ist demnach unzutreffend. Auch die Berufung auf 
zwei Entscheidungen des preußischen Oberverwaltungsgerichtes (8, 189. 4, 92) 
beweist nichts, da diese ganz andere als die hier behandelten Fälle betreffen. 
Daß das preußische Recht in einzelnen Fällen Popularklagen zuläßt, hat das 
Oberverwaltungsgericht in anderen Entscheidungen ausdrücklieh anerkannt 
(Bd. 18, 835. 1#, 46). Vgl. auch Radnitzky, Die Parteiwillkür im öffentlichen 
Recht. 1888. S. 34.
	        
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