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befindet. Für deren Beurteilung sind die Grundsätze des Privat-
rechtes maßgebend. Zu diesen privatrechtlichen Ansprüchen gehört
auch das Recht der Gemeindeglieder auf Teilnahme am Ge-
meindenutzen, da hinsichtlich dessen die Gemeinde nicht in
ihrer Eigenschaft als politisches Gemeinwesen, sondern als wirt-
schaftliche Korporation in Betracht kommt. Das angeführte Recht
ist daher grundsätzlich im Wege des ordentlichen Prozeßverfahrens
verfolgbar. Durch ausdrückliche landesgesetzliche Bestimmungen ist
aber die Entscheidung von Streitigkeiten dieser Art häufig den Ver-
waltungsbehörden übertragen. In den Staaten, die eine ausgebildete
erwaltungsgerichtsbarkeit besitzen, erfolgt sie im Wege des Ver-
waltungsstreitverfahrens. .
Die staatsrechtlichen Verbindlichkeiten sind Ausfluß der
den Gemeinden übertragenen öffentlichen Funktionen und beruhen
auf staatlichen Gesetzen. Zu ihnen gehören die Pflicht zur Besoldung
der Gemeindeorgane und die Lasten, welche den Gemeinden im
Interesse gewisser Verwaltungszweige aufgelegt sind, z. B. die Armen-
‚last, die Schullast, die Wegelast, und die Pflicht zur Bestreitung der
Kosten der örtlichen Polizeipflege in den Gemeinden, in denen ihre
Handhabung der Gemeinde oder den Gemeindeorganen übertragen
ist?. Die maßgebenden Vorschriften über diese Verbindlichkeiten
befinden sich in den zur Regelung der fraglichen Verwaltungszweige
erlassenen Gesetzen. Ihre Realisierung ist Sache der staatlichen
Aufsichtsbehörden. Diese haben, wenn die Gemeindeorgane die für
die Erfüllung der gedachten Verbindlichkeiten erforderlichen Aus-
gaben in den Gemeindehaushaltsetat nicht einsetzen, die Befugnis,
die Einsetzung von Amts wegen zu bewirken. Den Gemeinden ist
jedoch in den Staaten, die Verwaltungsgerichtsbarkeit besitzen, meist
vorbehalten, solche Verwaltungsverfügungen, die ihnen unberechtigter
Weise eine Verbindlichkeit auferlegen, im Wege des Verwaltungs-
streitverfahrens anzugreifen.
IV. Ausgaben der Kommunalverbände höherer
Ordnung.
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Die Ausgaben der Kommunalverbände höherer Ordnung sind
freiwillig übernommene Zahlungen und solche, die auf einer ihnen
obliegenden Verbindlichkeit beruhen. Diese Verbindlichkeiten haben
teils den Charakter privatrechtlicher Verpflichtungen, die aus privat-
rechtlichen Rechtsverhältnissen herrühren und deren Verfolgung im
Wege des ordentlichen Gerichtsverfahrens erfolgt, teils den staats-
rechtlicher Pflichten, die durch staatliche Gesetze begründet werden
und deren Realisierung Sache der staatlichen Aufsichtsbehörden ist.
Letztere haben auch gegenüber den Kommunalverbänden höherer
® Da, wo staatliche Polizei besteht, haben die Gemeinden zu deren
Kosten gewisse Beiträge zu leisten. Hierüber gilt in Preußen das G. vom
3. Juni 1908. Vgl. Gneist, Art. Polizeikosten RL. 8, 69. — Vgl. oben $ 7.