Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

708 Fünftes Buch. $ 256. 
befindet. Für deren Beurteilung sind die Grundsätze des Privat- 
rechtes maßgebend. Zu diesen privatrechtlichen Ansprüchen gehört 
auch das Recht der Gemeindeglieder auf Teilnahme am Ge- 
meindenutzen, da hinsichtlich dessen die Gemeinde nicht in 
ihrer Eigenschaft als politisches Gemeinwesen, sondern als wirt- 
schaftliche Korporation in Betracht kommt. Das angeführte Recht 
ist daher grundsätzlich im Wege des ordentlichen Prozeßverfahrens 
verfolgbar. Durch ausdrückliche landesgesetzliche Bestimmungen ist 
aber die Entscheidung von Streitigkeiten dieser Art häufig den Ver- 
waltungsbehörden übertragen. In den Staaten, die eine ausgebildete 
erwaltungsgerichtsbarkeit besitzen, erfolgt sie im Wege des Ver- 
waltungsstreitverfahrens. . 
Die staatsrechtlichen Verbindlichkeiten sind Ausfluß der 
den Gemeinden übertragenen öffentlichen Funktionen und beruhen 
auf staatlichen Gesetzen. Zu ihnen gehören die Pflicht zur Besoldung 
der Gemeindeorgane und die Lasten, welche den Gemeinden im 
Interesse gewisser Verwaltungszweige aufgelegt sind, z. B. die Armen- 
‚last, die Schullast, die Wegelast, und die Pflicht zur Bestreitung der 
Kosten der örtlichen Polizeipflege in den Gemeinden, in denen ihre 
Handhabung der Gemeinde oder den Gemeindeorganen übertragen 
ist?. Die maßgebenden Vorschriften über diese Verbindlichkeiten 
befinden sich in den zur Regelung der fraglichen Verwaltungszweige 
erlassenen Gesetzen. Ihre Realisierung ist Sache der staatlichen 
Aufsichtsbehörden. Diese haben, wenn die Gemeindeorgane die für 
die Erfüllung der gedachten Verbindlichkeiten erforderlichen Aus- 
gaben in den Gemeindehaushaltsetat nicht einsetzen, die Befugnis, 
die Einsetzung von Amts wegen zu bewirken. Den Gemeinden ist 
jedoch in den Staaten, die Verwaltungsgerichtsbarkeit besitzen, meist 
vorbehalten, solche Verwaltungsverfügungen, die ihnen unberechtigter 
Weise eine Verbindlichkeit auferlegen, im Wege des Verwaltungs- 
streitverfahrens anzugreifen. 
IV. Ausgaben der Kommunalverbände höherer 
Ordnung. 
$ 256. 
Die Ausgaben der Kommunalverbände höherer Ordnung sind 
freiwillig übernommene Zahlungen und solche, die auf einer ihnen 
obliegenden Verbindlichkeit beruhen. Diese Verbindlichkeiten haben 
teils den Charakter privatrechtlicher Verpflichtungen, die aus privat- 
rechtlichen Rechtsverhältnissen herrühren und deren Verfolgung im 
Wege des ordentlichen Gerichtsverfahrens erfolgt, teils den staats- 
rechtlicher Pflichten, die durch staatliche Gesetze begründet werden 
und deren Realisierung Sache der staatlichen Aufsichtsbehörden ist. 
Letztere haben auch gegenüber den Kommunalverbänden höherer 
® Da, wo staatliche Polizei besteht, haben die Gemeinden zu deren 
Kosten gewisse Beiträge zu leisten. Hierüber gilt in Preußen das G. vom 
3. Juni 1908. Vgl. Gneist, Art. Polizeikosten RL. 8, 69. — Vgl. oben $ 7.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.