I. Reichsschulden. $ 257. 709
Ordnung die Befugnis, gesetzliche Leistungen, die ihnen obliegen,
zwangsweise in den Haushaltsetat einzusetzen, wenn die Kommunal-
organe ihre Aufnahme verweigern. Gegenüber derartigen Ver-
fügungen ist, wenn ihre Rechtmäßigkeit bestritten wird, vielfach die
Beschreitung des Verwaltungsstreitverfahrens zugelassen.
Viertes Kapitel.
Schulden.
I. Reichsschulden '.
8 257.
Die Reichsschulden beruhen auf unmittelbaren gesetzlichen
Vorschriften oder sie werden durch besondere Akte der Reichsorgane
begründet. Die letzteren sind Verwaltungsschulden, Finanz-
schulden? oder übernommene Garantien. Das Recht
zur Kontrahierung von. Verwaltungsschulden steht den einzelnen
Verwaltungsressorts im Bereiche ihrer Tätigkeit zu. Für die Kon-
trahierung von Finanzschulden, die durch eine besondere Finanz-
operation, die Aufnahme einer Anleihe erfolgt, und für Übernahme
von Garantien ist eine Ermächtigung durch einen Akt der Reichs-
gesetzgebung erforderlich. Auf Grund dieser reichsgesetzlichen Er-
mächtigung erfolgt die Realisierung der Anleihe durch den Reichs-
kanzler®, Das Reichsgesetz kann die Bedingungen, unter denen die
Realisierung zu erfolgen hat, näher bezeichnen.
Die Aufnahme der Anleihe ist ein Verwaltungsakt.
Es findet dabei der Abschluß einer Anzahl von privatrecht-
lichen Verträgen mit den Gläubigern des Reiches statt. Diese
Verträge haben, wenn das Reich die Verpflichtung zur Rückzahlung
des dargeliehenen Kapitals übernimmt, den Charakter von Dar-
lehnsverträgen, wenn es sich dagegen nur zur Zahlung einer
jährlichen Rente verpflichtet, den Charakter von Rentenkauf-
verträgen. Die Modalitäten dieser Verträge werden nicht mit
den einzelnen Kontrahenten vereinbart, sondern sind teils gesetzlich
fixiert, teils findet ihre Feststellung durch den Reichskanzler bei
Gelegenheit der Emission der betreffenden Anleihe statt. Die Fest-
setzungen der letzteren Art sind als integrierende Bestandteile der
einzelnen Verträge anzusehen. Die Schuldurkunden werden regel-
mäßig auf den Inhaber ausgestellt; auch im Reiche ist ein Schuld-
buch eingerichtet, in das sich die Gläubiger mit ihren Forderungen
ı Literatur bei Laband 4, 364 *.
2 Über diese Begriffe vgl. unten $ 258.
3 In der Praxis ist das Verfahren so, daß die Ermächtigung durch Reichs-
gesetz als eine dem Kaiser erteilte Ermächtigung behandelt wird und die Er-
mächtigung des Reichskanzlers erst wieder durch einen besonderen Kaiserlichen
Erlaß erfolgt.