Il. Staatsschulden. &$ 258. 713
leihe eine allgemeine Subskription eröffnen oder, was die Regel ist,
sich dazu der Vermittlung von Bankhäusern bedienen.
Die Aufnahme einer Staatsanleihe enthält den Abschluß einer
Anzahl von Darlehnsverträgen oder da, wo von dem Staate
lediglich eine Rente versprochen wird, von Rentenkaufverträgen.
Die Modalitäten dieser Verträge werden nicht durch Verhandlungen
mit den einzelnen Kontrahenten festgestellt, sondern sind in einem
allgemeinen Gesetze über Staatsanleihen oder in Spezialgesetzen bzw.
in Verordnungen, die auf Grund gesetzlicher Ermächtigung erlassen
werden, für die einzelnen Änleihen fixiert. Da die Schuldurkunden
regelmäßig auf den Inhaber lauten, so ist mit der Kontrahierung
einer Staatsanleihe zugleich eine Emission von Inhaberpapieren ver-
bunden. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Staate und seinen
Gläubigern ist ein privatrechtliches. Der Staat tritt ihnen
nicht in der Ausübung von Herrschaftsrechten, sondern als gleich-
berechtigter Kontrahent gegenüber. Die Rechte und Pflichten beider
Teile bestimmen sich daher, soweit sie nicht durch die besonderen
Gesetze über Staatsanleihen geregelt sind, nach den privatrechtlichen
Grundsätzen über Darlehnsverträge, Rentenkaufverträge und Inhaber-
papiere. Ihre Geltendmachung kann im Wege des ordentlichen
Gerichtsverfahrens erfolgen.
Die Staatsschulden zerfallen in drei Gruppen, für deren Be-
handlung wesentlich verschiedene rechtliche Grundsätze bestehen:
die fundierte Schuld, die schwebende Schuld und das
Papiergeld. Letzteres hat, nachdem das Recht zur Emission von
Kassenscheinen auf das Deutsche Reich übergegangen ist, für die
Finanzverwaltung der deutschen Einzelstaaten alle Bedeutung ver-
loren, so daß nur die beiden ersten Gruppen hier einer Betrachtung
bedürfen.
1. Die fundierte Schuld bildet den Hauptbestandteil der
Staatsschulden; in dem größten Teil der deutschen Staaten besteht
überhaupt nur eine fundierte Schuld. Fundierte Schuld ist der
Inbegriff der Schuldverbindlichkeiten, ‘welche der Staat für einen
längeren Zeitraum zu dem Zwecke tibernommen hat, sich dadurch
Mittel für außerordentliche Aufwendungen zu beschaffen. Über diese
Schuldverbindlichkeiten werden Urkunden, sogenannte Staats-
schuldscheine oder Staatsobligationen ausgestellt, die ent-
weder auf eine bestimmte Person oder auf den Inhaber lauten. In
neuerer Zeit sind jedoch in einzelnen Staaten Staatsschuld-
bücher eingeführt worden. In diese können die Gläubiger des
Staates ihre Forderungen gegen Einlieferung der Schuldurkunden
eintragen lassen. Durch die Eintragung erlöschen die Rechte an
den Inhaberpapieren und das bisherige Schuldverhältnis des Staates
zum Inbaber wird in ein solches zu einem bestimmten Gläubiger
verwandelt.
Die Staatsschuldscheine ‘enthalten stets ein Zinsversprechen.
Die Festsetzung des Zinsfußes kann durch den Akt der gesetz-
gebenden Organe erfolgen, welcher der Regierung die Ermächtigung
zur Aufnahme einer Anleihe gewährt, oder der Finanzverwaltung
überlassen werden.