Il. Arbeiterversicherung. $ 262. 729
Versicherungsanstalt, sondern auf einer gesetzlichen Anord-
nung!!, Dies gilt zunächst zweifellos für die versicherungspflichtigen
Personen, die bei den durch Reichsgesetz gebildeten Zwangsgenossen-
schaften versichert sind!®. Für diese entsteht das Versicherungs-
verhältnis durch die Beschäftigung in einem versicherungspflichtigen
Betriebe. Aber auch für Personen, die nicht versicherungspflichtig,
sondern nur versicherungsberechtigt sind, wird das Versicherungs-
verhältnis nicht durch Vertrag, sondern durch einseitige Willens-
erklärung begründet !®,
. Das Versicherungsverhältnis ist ferner kein privatrechtliches,
sondern ein öffentlich rechtliches. Entscheidend für diese
Auffassung ist nicht der Umstand, daß es nicht durch Vertrag, sondern
durch Gesetz begründet ist. Denn auch auf dem Gebiete des Privat-
rechtes kommen Rechte und Verpflichtungen vor, die unmittelbar
auf gesetzlichen Vorschriften beruhen. Ebensowenig fällt dafür die
höchst persönliche Natur der Ansprüche in das Gewicht, kraft deren
die Übertragung, Verpfändung und von wenigen Ausnahmen ab-
gesehen auch die Pfändbarkeit ausgeschlossen ist. Denn derartige
Beschränkungen kommen auch bei zweifellos privatrechtlichen An-
sprüchen, z. B. beim Arbeits- und Dienstlohn, vor. Maßgebend für
den öffentlich rechtlichen Charakter der Arbeiterversicherung ist
vielmehr ihre Durchführung im Wege einer öffentlich rechtlichen
Organisation. Als Träger der Versicherung fungieren nicht Privat-
gesellschaften und Privatpersonen, sondern öffentlich rechtliche
Korporationen, die durch staatliche oder kommunale Organe oder
wenigstens unter deren Mitwirkung geschaffen, mit obrigkeitlichen
Befugnissen gestattet sind, oder staatliche oder kommunale Anstalten,
in einzelnen Fällen sogar die Kommunalverbände selbst. Öffentlich
rechtlicher Natur sind demnach sowohl die Ansprüche, welche den
Versicherten gegenüber den Trägern der Versicherung zustehen ",
als auch die Beiträge, welche an diese von Unternehmern un
Arbeitern entrichtet werden müssen. Die beiderseitigen Leistungen
gleichen allerdings inhaltlich solchen, die bei privatrechtlichen Ver-
sicherungen vorkommen 5, Aber die rechtliche Grundlage, auf der
beide Arten der Versicherung beruhen, ist eine durchaus verschiedene.
Deshalb ist auch ihre Realisierung eine ganz abweichende. Die Ver-
ıı Die Behauptung, daß ein Versicherungsverhältnis stets durch Vertrag
begründet werden müsse (Laband) ist nach G. Meyers Ansicht nicht zu-
treffend. Es gibt auch, abgesehen von der Arbeiterversicherung, gesetzliche
Versicherungsverhältnisse, 2. „auf dem Gebiete der I v }
Hierüber besteht fast allgemeine Übereinstimmung.
2 So Rosin, Seydel, Rehm, Menzel, Piloty. A.A.Laband u. a.
1 Die .öffentlichrechtliche Natur der Unterstützungsansprüche wird an-
erkannt u. a. von Rosin, Seydel, Laband, Piloty, Jellinek.
15 Die Beiträge werden meist als Steuern (Laband, Seydel), oder noch
enauer als Spezialsteuern (Rosin, Rehm, Lewis) bezeichnet. G@. Meyer
Balt die Bezeichnungen nicht für zutreffend. Von dem von ihm vertretenen
Standpunkt, nach welchem die Arbeiterversorgung auf einem öffentlichrecht-
lichen Versicherungsverhältnis beruht, müssen die Beiträge als Versicherungs-
beiträge angesehen werden, die inhaltlich mit den Beiträgen gleichartig sind,
die bei einer Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit vorkommen, aber
kraft einer öffentlich rechtlichen Verpflichtung gezahlt werden.
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