DI. Verwaltungsgerichtsbarkeit. $ 16. 65
Die Rechtsmittel des Verwaltungsprozesses sind nach Ver-
schiedenheit der verwaltungsgerichtlichen Organisation außerordentlich
verschieden geregelt worden. In Preußen werden die Rechtsmittel
der Berufung, Revision und Beschwerde unterschieden. Be-
rufung und Revision richten sich gegen die Endurteile der Ver-
waltungsgerichte, die Berufung auch gegen die ohne kontradik-
torische Verhandlung erlassenen Bescheide, die Beschwerde gegen
die Verfügungen, welche die Leitung des Verfahrens zum Gegen-
stande haben. Berufung und Revision unterscheiden sich dadurch,
daß erstere auf Grund der Behauptung, daß das Urteil ein un-
richtiges sei, ergriffen werden, letztere dagegen nur auf die Be-
hauptung gestützt werden kapn, daß: 1. entweder die angefochtene
Entscheidung auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung
des geltenden Rechtes beruhe, 2. oder das Verfahren an wesentlichen
ängeln leide?®. Die Beschwerde geht an das im Instanzenzuge
zunächst höhere Gericht, also gegen Verfügungen der Kreis-(Stadt)-
Ausschüsse an den Bezirksausschuß, vom Bezirksausschuß an das
Oberverwaltungsgericht #7, Die Berufung kann gegen erstinstanzliche
Entscheidungen der Kreis-(Stadt)-Ausschüsse und Bezirksausschüsse
ergriffen werden; es besteht in bezug auf sie derselbe Instanzenzug
wie bei der Beschwerde. Die Befugnis Berufung einzulegen, steht
den Parteien und im öffentlichen Interesse dem Vorsitzenden des
Kreisausschusses bzw. des Bezirksausschusses zu. Eine Revision
Ist nur gegenüber zweitinstanzlichen Erkenntnissen der Bezirksaus-
.schüsse zulässig, sie geht an das Oberverwaltungsgericht. Die Befugnis
Revision einzulegen, steht den Parteien und aus Gründen des öffent-
lichen Interesses dem Vorsitzenden des Bezirksausschusses zu®°, In
Baden kann gegen Endurteile des Bezirksrates von den Parteien und
aus Gründen des öffentlichen Interesses vom Vorsitzenden die Berufung
ergriffen werden, gegen andere Entscheidungen ist Beschwerde zu-
lässig. Beide Rechtsmittel gehen an den Verwaltungsgerichtshof®®.
Gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ist dem Ver-
treter des Staatsinteresses die Nichtigkeitsbeschwerde wegen Unzu-
ständigkeit oder Gewaltsüberschreitung vorbehalten, über welche der
Kompetenzgerichtshof zu erkennen hat®!, In Bayern, Württem-
berg und Hessen besteht bei solchen Streitigkeiten, bei welchen
zwei individuell berechtigte Subjekte beteiligt sind, gegenüber den
Entscheidungen der niederen Verwaltungsbehörden das Rechtsmittel
der Berufun & (Beschwerde) an das oberste Verwaltungsgericht ®®.
Dasselbe kann sowohl von den Parteien als von dem Vertreter des
öffentlichen Interesses ergriffen werden. Dagegen ist die Entscheidung
des Verwaltungsgerichtshofes bei Beschwerden gegenüber Verfügungen
2° Preuß. L.V.G. $ 9.
2 Preuß. 1.V.G. & 110, 111.
® Preuß. L.V.G. 88 82, 88
* Preuß. L.V.G. $ 983.
”% Bad. Verw.Ger.G. $S 32, 40.
»1 Bad. Verw.Ger.G. $ 42.
®® Bayı. G. Art. 22. Württ. @. Art. 43. Hess. Verw.Ger.G. Art. 5., In
Bayern und Hessen hat das oberste Verwaltungsgericht den Charakter einer
Meyor-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aufl. 5