66 Erstes Buch. 3 16.
der Verwaltungsorgane eine definitive und gegen dieselbe ein ordent-
liches Rechtsmittel nicht mehr zulässig. [In Sachsen steht den Parteien
die Berufung an das Oberverwaltungsgericht gegen die Urteile der
Kreishauptmannschaften zu, soweit die Urteile nicht nach besonderer
gesetzlicher Vorschritt endgültig sind®®. Beschwerde ist zulässig,
wenn von der Kreishauptmannschaft oder dem Vorsitzenden die Ein-
leitung oder Fortsetzung des Verfahrens abgelehnt wird.]®*
Als außerordentliches Rechtsmittel besteht die Wieder-
aufnahme des Verfahrens ®,
Urteile der Verwaltungsgerichte, welche mit ordentlichen Rechts-
mitteln nicht mehr angefochten werden können, sind formell
rechtskräftig. Sie besitzen aber auch materielle Rechts-
kraft? d.h. sie stellen Recht unter den streitenden Parteien end-
gükig fest. Die Rechtskraft hat aber nur für die Abgrenzung der
Rechtskreise Bedeutung; sie beschränkt nicht etwa die Handlungs-
fähigkeit der Verwaltung innerhalb des ihrem Ermessen überlassenen
Bereiches. Die Verwaltungsbehörden dürfen daher sowohl Gebote
und Verbote, die verwaltungsgerichtlich für zulässig erklärt sind,
zurücknehmen, als eine Erlaubnis, deren Versagung als gesetzmäßig
anerkannt ist, nachträglich erteilen.
Die Vollstreekung der verwaltungsg
folgt im Wege der Verwaltungsexekution.
Die Kosten des Verfahrens trägt der unterliegende Teil.
* 141:,1
Urteile er-
reinen Revisions- oder Kassationsinstanz; es entscheidet auf Grund des in den
Vorinstanzen festgestellten Sachverhaltes (Bayr. G. Art. 40. Hess. Verw.Ger.G.
Art. 5), während dies in Württemberg (Art. 46, 62) nicht der Fall ist.
38 [Sächs. G. & 62.
3 [Sächs. G. $ 70.
% Preuß. L.V.G. $ 100; Bayr. G. Art. 26; [Sächs. G. 8 85;) Württ. G.
Art. 52—56; Bad. Verw.Ger.G. 845. Das bayrische Recht läßt Wiederaufnahme
des Verfahrens zu, wenn eine bei den früheren Verhandlungen nicht hinreichend
bekannte Tatsache vorliegt; die andern Gesetzgebungen verweisen in dieser
Beziehung auf die Vorschriften der Zivilprozeßordnung. Übrigens findet in
Württemberg die Wiederaufnahmeklage nur bei Parteistreitigkeiten statt; bei
sog. Rechtsbeschwerden besteht bloß eine Nichtigkeitsklage wegen Kompetenz-
überschreitung, deren Erhebung aber ausschließlich der Verwaltungsbehörde
überlassen ist.
% Vgl. Bernatzik, Rechtsprechung und materielle Rechtskraft; Sey-
del, Annalen 1885 8. 261 ff.; v. Stengel, V.R.W. 2, 792. Dic materielle
Rechtskraft ist die notwendige Konsequenz der Rechtsprechung. Verwaltungs-
akte haben im allgemeinen keine Rechtskraft. Nur solche Erlasse der Verwal-
tungsbehörden, welche nach den früheren Auseinandersetzungen den Charakter
von Urteilen haben, können Rechtskraft erlangen. Dagegen darf die Rechts-
kraft nicht, wie Bernatzik a.a. 0. S. 14 will, auf diejenigen Entscheidungen
ausgedebnt werden, welche als Prämissen einer Verwaltungsverfügung in der-
selben enthalten sind.
[Otto Mayer 1, 174 (Literatur Note %6); Loening, Die Rechtskraft ver-
waltungsrechtlicher Urteile. Verw.Arch. 7, 1; Otto Mayer, Zur Lehre von
der materiellen Rechtskraft in Verwaltungssachen. Arch. f. öff. R. 21, 1; vgl.
dazu Schultzenstein, Verw.Arch. 15, 141; Schultzenstein, Rechtskraft
und reformatio in Pejus im preußischen Verwaltungsstreitverfehren. Verw.Arch.
11, 365; Gutachten für den 26. Deutsch. Juristentag. 1, 86; Apelt, sächs. G.
über die Verwaltungsrechtspflege. 1%1 S. 59. Vgl. auch Pagenstecher,
Die praktische Be eutung des Streites über das Wesen der Rechtskraft.
Zeitschr. f. Zivilproz. #7, 1.]