.V. Enteignung. $ 18. 73
welche sich im Vermögen von Privatpersonen befinden. In solchen
Fällen muß das Privatrecht dem Staatsbedürfnis weichen; dem
Einzelnen wird seine Sache oder sein Recht an derselben im öffent-
lichen Interesse entzogen. Da aber zur Realisierung des fraglichen
Staatszweckes nur die Sache bzw. das Recht selbst, nicht auch deren.
Wert erforderlich ist, so gewährt der Staat dem Einzelnen als Agui-
valent den vollen lirsatz dieses Wertes®.
Die Zwecke, für welche enteignet wird, sind entweder durch
allgemeine gesetzliche Vorschriften festgestellt®, oder die
Entscheidung, ob bei einem Unternehmen das Enteignungsrecht in
Anwendung gebracht werden soll, erfolgt im einzelnen Falle
durch dazu berufene staatliche Organe. Als solche Organe fungieren
die gesetzgebenden Faktoren des Staates nur ausnahmsweise 1°, regel-
mäßig ist die Entscheidung in die Hände eines [Verwaltungs]organes
gelegt worden!!, Auch das Reich ist befugt, Enteignungen anzu-
ordnen, wenn diese zur Durchführung seiner Aufgaben notwendig
sind. Zum Teil bestehen hierfür allgemeine gesetzliche Vorschriften '?,
soweit dies nicht der Fall ist, wird im einzelnen Falle der Erlaß
eines Spezialgesetzes notwendig "9,
deren Glied der Einzelne erscheint; es ist soziales Interesse.“ Schelcher
omm, $. 61% bemerkt dazu, daß hiermit aber der Begriff noch nicht wirklich
bestimmt, sondern nur umschrieben sei.]
8 (Vgl. Gierke 2, 470; der Staat verpflichtet den Erwerber zum Wertersatz.]
® Bayr. Expr.G. Art. 1. $.-Mein, Expr.G. vom %. Juni 1 Art. 1.
Meckl. -Schw. V. vom 21. Juli 1886 $ 1. Meckl.-Strel. V. $ 1. Anh. Ent.G.
vom 12. April 1875 $ 2. Derselbe Zustand besteht auch in den Staaten, welche
kein allgemeines Enteignungsgesetz, sondern nur besondere Gesetze für die
einzelnen Klassen der Enteignung besitzen. [Gierke 2, 474%, [
!% Bremen, Lübeck, Hamburg. [Otto Mayer 2, 7°; Fleiner, Abbandlg.
f. Laband 2, 28: „Die Gesetzesform ist vorgeschrieben, damit über die Not-
wendigkeit der Expropriation nicht die sachlich dabei interessierte Verwaltungs-
behörde entscheide, sondern die gesetzgebenden Organen, insbesondere die Volks-
vertretung, darüber zu befinden haben, ob der einzelne Bürger zur Abtretung
seines Eigentums verpflichtet werden kann.“
,„ " Preuß. Ent.G. $ 2. [Bayr. G. Art. 14; G. vom 8. Aug. 1878. Vgl.
Gierke 2, 475*; Sächs. G. $ 2.] Württ. Ent.G. Art. 2. Bad. Ent.G. $ 2.
Goth. Ent.G. vom 31. Mai 1884 $ 2. 8.-Kob. Ent.G. vom 20. Mai 1888 $ 2. —
In Hessen steht das Einteignungsrecht dem Staate, den Provinzen, Kreisen und
Gemeinden kraft Gesetzes zu, durch landesherrliche Verordnung kann es dem
eiche, einem andern Bundesstaate, sowie Privatpersonen und Privatgesell-
schaften für Eisenbahnzwecke verlichen werden, zu anderweiten Verleihungen
an Privatpersonen ist ein S ezialgesetz erforderlich (Ent.G. Art. 2). In Elsaß-
Lothringen erfolgt die Verleihung des Enteignungsrechtes auf Grund der Be-
stimmungen des französischen Rechtes regelmäßig durch das Staatsoberhaupt,
bei größeren Unternehmungen durch Spezialgesetz (Dekr. vom 25. Dez. 1852
Art. 4. G. vom 27. Juli 1870). [Gierke 2, 475 *%,]
!2 Soiche allgemeine Vorschriften finden sich namentlich in dem R.G. betr.
die Beschränkungen des Grundeigentums in der Umgebung von Festungen vom
21. Dez. 1871 $ 41 [vel. Laband 4, 313] und für die Enteignung von Mobilien
in dem R.G. betr. Maßregeln gegen die Rinderpest, vom 7. April 1869 $ 3; im
Viehseuchen-G. vom 23. Juni 1880 [neue Fassung vom 1. Mai 1894 8$ 58, 59;
Reblaus-G. vom 6. Juli 1904; Telegraphenwege-G.; 6.0. $ 51_betr. ‚die fernere
Benutzung einer gewerblichen Anlage wegen überwiegender Nachteile und Ge:
fahren für das Gemeinwohl] und im R.G. über die Kriegsleistungen vom 13. Juni
1873. [Vgl. Sarwey, Öffentl. Recht, $. 389; auch Goez, Verwaltungsrechts-
pflege, S. 69; Layer, Prinzipien, S. 579, In r .
18 Ausdrücklich erklärt ein solches für notwendig Art. 41 der R.Verf. bei
Eisenbahnen [Gierke 2, 475; Otto Mayer 2, 11'%; Laband 3, 108.]