Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

V. Enteignung. $ 18. 75 
Die Entschädigung wird regelmäßig in Geld gezahlt. Außer dem 
Eigentümer sind auch dritte Personen zu entschädigen, denen 
Rechte an der Sache zustehen, die infolge der Enteignung erlöschen !*, 
Als derartige Personer kommen namentlich in Betracht Lehns- und 
Fideikommißberechtigte, Pfandgläubiger, Servitutberechtigte, Pächter 
und Mieter!”. Die Entschädigung für diese kann entweder in der 
dem Grundeigentümer zuerkannten Summe enthalten sein oder be-_ 
sonders festgesetzt werden. Lehns--und Fideikommißberechtigte, s0- 
wie Pfandgläubiger sind lediglich auf die dem Eigentümer zugebilligte 
Entschädigung angewiesen. Bei Servitutberechtigten, Pächter und 
Mieter ist dagegen zu unterscheiden. Wenn die Berechtigung einen 
höhern Wert hat als der Betrag, um den sie den Wert des Grund- 
eigentums vermindert, so muß die Entschädigung für Eigentümer und 
Berechtigte besonders festgestellt werden. Wenn dagegen die Be- 
rechtigung und Verminderung im Werte, welche das Eigentum durch 
dieselbe erleidet, einander aufwiegen, so kann die Entschädigung in 
einer einzigen Summe ausgeworfen und der dritte Berechtigte auf 
einen Anteil an derselben verwiesen werden. 
Die Feststellung der Gegenstände der Enteignung 
erfolgt durch einen Beschluß der Verwaltungsbehörde, regelmäßig 
nach vorausgegangenem kontradiktorischem Verfahren. Die Ent- 
schädigung wird entweder durch gerichtliches Erkenntnis oder 
durch einen Verwaltungsakt auf Grund einer Abschätzung von Sach- 
verständigen festgestellt, gegen letzteren ist jedoch die Beschreitung 
des Rechtsweges zulässig. Sodann erfolgt die Zahlung oder Depo- 
s ition der Entschädigung und erst nach dieser der Übergang der 
ache. r 
Die Frage, wann dieser Eigentumsübergang stattfindet und 
wie er beschaffen ist, kann genau nur vom Standpunkte eines be- 
stimmten Partikularrechtes beantwortet werden, da bei derselben so- 
wohl die Grundsätze über den Eigentumserwerb, namentlich an 
Grundstücken, als auch die besonderen Vorschriften der Enteignungs- 
gesetze in Betracht zu ziehen sind !®, Ist in dem betreffenden Rechte 
ı7 [Über den Entschädigungsanspruch von Mietern und Pächtern vgl. 
Sehelcher, Komm. $. 66. — In Baden stehen Mieter und Pächter dem ding- 
lich Berechtigten gleich. Ent.@.$ 14 vgl. Walz, Bad. Staatsr. S. 243. Nac 
sächs. Ent.G. 8 21 steht der Entschädigungsanspruch dem gersönlich Gebrauchs- 
und Nutzungsberechtigten zu (Nebenberechtigte); preuß. G. $ 11.] 
{® Von Laband a. a. O. S. 178, dem sich Grünhut, Enteignungsreeht 
S. 183, H.W.B.® 3, 965 anschließt, ist die Behauptung aufgestellt worden, bei _ 
der Enteignung erfolge der Eigentumserwerb durch Gesetz. Das Gesetz ent- 
hält jedoch nur allgemeine Vorschriften darüber, wie sich bei der Enteignung 
der igentumsübergan vollzieht; um denselben im konkreten Falle herbei- 
zuführen, genügt das Gesetz nicht, sondern es wird eine besondere Tätigkeit, 
sei es der Parteien, sei es der Behörde, erfordert. Vgl. auch Stobbe, Jahr- 
bücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechtes 
12, 271. — Die ältere Theorie faßte die Enteignung als einen 4wangskauf auf, 
diese Auffassung enthielt aber einen Widerspruch in sich. ‚Sie ist in neuerer 
Zeit fast allgemein aufgegeben und wird nur noch von einigen Schriftstellern 
über preußisches Recht festgehalten. Dalke, Kommentar 1874 8. 129; Eger. 
Kommentar 1,24. Vgl. gegen diese Gleim, Der privatrechtliche Charakter der 
Enteignung nach dem preußischen Enteignungsgesetz. Arch. £. Eisenbahnwesen 
16 B 1 darüber Gierke 2, 490.|
	        
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