V. Enteignung. $ 18. 17
treffenden Grundstücke und die Pflicht desselben zur Entschädigung.
Der Verwaltungsakt, welcher die Vollziehung der Enteignung aus-
spricht, überträgt das Eigentum von dem Expropriaten auf den
Xproprianten ®®,
Die Expropriation ist vollendet mit Feststellung der Gegenstände”
der Enteignung°®®. In diesem Momente sind beide Teile gebunden,
so daß ein einseitiger Rücktritt des Exproprianten nicht mehr statt-
finden darf, und die Gefahr der Sache geht auf denselben über. Die
Enteignungsgesetze haben zum Teil abweichende Bestimmungen. Sie
lassen die Perfektion erst mit Feststellung der Entschädigung ein-
treten; vorher gestatten sie den einseitigen Rücktritt des Expro-
prianten gegen Ersatz der Nachteile, welche dem Expropriaten durch
das bisherige Enteignungsverfahren erwachsen sind ®”. ,
Wenn zwischen Exproprianter und Expropriaten eine gütliche
Vereinbarung über die Abtretung des zu enteignenden Gegen-
standes zustande kommt, so liegt ein Kaufvertrag vor?®. Auf
denselben finden gesetzliche Veräußerungsbeschränkungen und Ver-
äußerungsverbote keine Anwendung. Derartige freiwillige Ver- 7
&ußerungen dürfen tberhaupt nicht nach der reinen Theorie des |
Kaufes beurteilt werden. Der Expropriat will durch die freiwillige
Einwilligung in die Abtretung nur die Verpflichtungen übernehmen,
welche ihm im Enteignungsverfahren auferlegt werden könnten, jeden-
falls will er sich dadurch in keine rechtlich. schlechtere Lage bringen.
Sofern daher die Anwendung der Grundsätze über den Kauf seine
Lage verschlechtern würde, sind nicht diese, sondern die Vorschriften
über die Enteignung in Anwendung zu bringen.
Die Enteignungsgesetze räumen dem Expropriaten für den Fall,
daß das Unternehmen nicht zustande kommt oder sich herausstellt,
daß die enteigneten Gegenstände zur Durchführung desselben nicht
erforderlich sind, ein Rückforderungs- oder wenigstens für den
Fall, daß der Expropriant den Gegenstand anderweitig verkaufen
will, ein Vorkaufsrecht ein.
25 Die Behauptung Stobbes a. a. O. S. 164, das Eigentum gehe, wo die
Gesetze nicht abweichend bestimmen, mit dem endgültigen Ausspruch der Be-
hörde über, daß der Antragende ein Recht habe, die geforderten Grundstücke
zu 1 proprüeren, ist in dieser Allgemeinheit schon deshalb nicht zutreffend,
weil viele Gesetze einen derartigen Ausspruch überhaupt nicht kennen. Auch
&epe bezeichnet die Enteignung als einen einseitigen Staatsakt und zwar
als einen, rechtsbegründenden und rechtsaufhebenden Verwaltungsakt. Diese
Charakterisierung trifft gleichfalls für viele, aber doch nicht für alle Partikular-
rechte zu.
» G. Meyer, Recht der Expropriation S. 213; Grünhut, Enteignungs-
recht S, 187; Aw'B. 8, 974; Stobbe 2.2.0.8. 160; v. Rohland S. 57.
Randaa.a.0.11?; Sieber 8, 164; Schelcher 8&.2.0.8.9. [Otto Mayer
2, 47.
h Preuß. Ent.G. $ 42. Über anderweite partikularrechtliche Vorschriften
vgl.G.M eyer Recht der Expropriation S. od und V.R.W. S. 359.
® A. A.: Laband 2.2.0. B 172 N. 390; Grünhut, Entei nungarecht,
S. 185. Vgl. dagegen G. Meyer, Abhandlung in der Zeitschrift für deutsche
Gesetzgebung a. a. O. $. 581. [Ebenso Gierke 2, 473: „Daß die in Aussicht
stehende Enteignung den Beweggrund für einen Verkauf oder einen anderen
Vertrag bildet, hat auf die rechtliche Natur solcher Privatrechtsvorgänge
keinen Einfluß.“ Otto Mayer 2, 47.]