Aufgaben. Finanzwesen. 9
Voranschlag der Ausgaben und Einnahmen (Etat) aufgestellt und der Gemeinde-
vertretung sowie dem Bezirksausschuß (siehe S. 13) zur Genehmigung vorgelegt. 3 77.
Die Gemeindeausgaben zerfallen in solche, zu denen die Gemeinde ver-
pflichtet ist, z. B. Beamtengehälter, Armenpflege, Unterhaltung der Volksschulen,
Polizeiwesen, und in solche, die sie freiwillig übernimmt, wie Zuschüsse zu höheren.
Lehranstalten, Straßenbeleuchtung, Pflasterung, Anlage und Unterhaltung von
Promenaden, Krankenhäusern, Theatern usw.
Da die Einrichtungen und Anstalten der Gemeinden mehr oder minder
allen Angehörigen derselben zugute kommen und ihnen vielfach große An-
nehmlichkeiten bieten, so haben sie auch alle nach Maßgabe ihrer Leistungs-
fähigkeit zu den nötigen Einnahmen beizutragen. Teilweise werden diese
allerdings durch gewinnbringende Anlagen der Gemeinde (Feld= und Wald-
besitz, Gas= und Elektrizitätswerke usw.) gedeckt, jedoch reichen derartige Ein-
künfte nur noch bei wenigen kleinen Gemeinden zur Deckung der Ausgaben aus.
Die weiter erforderlichen Mittel werden durch Gebühren, Beiträge und Steuern #2.
aufgebracht.
Für die Benutzung von Gemeindeanstalten, die vorwiegend einzelnen Per- 4.
sonen oder Klassen zugute kommen (Theater, Straßenbahn usw.) wird eine
besondere Gebühr erhoben. Gereichen derartige Veranstaltungen bestimmten
Grundbesitzern oder Gewerbetreibenden zum Vorteil, so haben diese zu den 3°5.
Herstellungs= und Unterhaltungskosten Beiträge zu zahlen (Pflasterkosten,
Kanalbeiträge). Hierdurch soll der Grundsatz der ausgleichenden Ge-
rechtigkeit nach Möglichkeit gewahrt werden. Nach dem gleichen Grundsatz ist
die Bemessung der allgemeinen Abgaben — der Steuern — geregelt, die
kraft staatlichen Gesetzes, unter Umständen mit öffentlichem Zwang, erhoben
werden. Die Grundsätze der Gemeindestenern sind gesetzlich geregelt, die Be-
messung ihrer Höhe bleibt jedoch den Gemeinden überlassen; sie können erhoben
werden vom Grundbesitz (Grundsteuer, Gebäudeumsatzsteuer, Wertzuwachssteuer),
vom Gewerbebetrieb (Gewerbesteuer, Warenhaussteuer, Schanksteuer) und vom
Einkommen. Daneben sind noch Aufwandsteuern, z. B. Hundesteuer, sowie in-
direkte Steuern (Vergnügungssteuer, Biersteuer) zulässig. In anderen Staaten 3/ 15.
werden zum Teil noch Verbrauchssteuern auf Mehl, Fleisch usw. erhoben (Gefälle
in Bayern), in Württemberg wird eine Wohnsteuer erhoben, die Haupteinnahme-
quelle bilden aber allmählich in fast allen Staaten die Zuschläge zur Einkommen-
steuer. Alle Gemeindesteuerordnungen bedürfen der staatlichen Genehmigung. s5 28.
Die allgemeinste der genannten Steuern ist die Gemeindeeinkommen-
steuer, die in der Regel als Zuschlag zu der Staatseinkommensteuer er= 336.
hoben wird. Der Zuschlag schwankte 1906 bei den preußischen Großstädten
zwischen 100 % (Berlin) und 215 % (Elberfeld). Nach dem preußischen Ein-
kommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 (Ergänzungen 1906 und 1909), das Eivk. St. G.
den meisten anderen Staaten als Vorbild gedient hat, sind alle Einkommen v*
von weniger als jährlich 900 Mark, d. h. etwa 60 % der Bevölkerung, von
der Staatssteuer frei. Die Steuersätze steigen mit der Höhe des Einkommens 817.
von 0,63 5% bis auf 4%, wozu seit 1909 noch ein Zuschlag von 5—25 0
kommt. 1) Personen mit mehr als 3000 Mark Einkommen haben die Höhe 8 24.
1) Eine neue Fassung des preuß. Einkommensteuergesetzes befindet sich zurzeit
in den Beratungen der Landtagskommission.
23.