18 Die Bundesstaaten, Finanzwesen.
Unter den Pflichten der Beamten steht obenan die gewissenhafte Erfüllung
ihrer Dienstobliegenheiten, die Wahrung des Dienstgeheimnisses, der Dienst-
gehorsam innerhalb der gesetzlichen Grenzen und die Beobachtung eines achtbaren
Verhaltens. Da sie ihre ganze Kraft in den Dienst ihres Amtes zu stellen haben,
dürfen sie in der Regel kein Nebengewerbe betreiben. Beamte, die ihre Dienst-
pflicht verletzen oder ein unwürdiges Verhalten zeigen, unterliegen dem besonderen
Beamtenstrafverfahren. Als solche Disziplinarstrafen gelten: Warnung, Verweis,
Geldbußen, zwangsweise Versetzung, Pensionierung oder Dienstentlassung.
Dagegen stehen den Beamten auch besondere Rechte zu, von denen der An-
spruch auf Titel und Rang, Besoldung und nach zehnjähriger Dienstzeit Zah-
lung eines Ruhegehaltes bei Dienstunfähigkeit oder nach Erreichung des 65. Lebens-
jahres die wichtigsten sind. Nach ihrem Tode haben ihre Witwen und unmündigen
Kinder ebenfalls Anspruch auf Pension.
Welche Bedeutung das Beamtenwesen im Deutschen Reiche hat, geht daraus
hervor, daß die Zahl der Reichs-, Staats= und Kommunalbeamten 1907 ein-
schließlich der Eisenbahn-, Post= und Telegraphenbeamten 1,6 Millionen betrug.
7. Das Finanzwesen. Die allgemeinen Grundsätze über das Finanzwesen
sind teilweise bei der Gemeinde erörtert worden und werden beim Deutschen
Reich zur weiteren Darstellung gelangen. Hier handelt es sich nur darum, die
Sonderheiten der Einzelstaaten zu erörtern.
Eine Anzahl der Staaten sind Kaufmann, d. h. sie besitzen werbende An-
lagen, unter denen in Bayern, Württemberg und Baden, sowie in Sachsen und
Mecklenburg die Staatseisenbahnen, ferner die Domänen, Bergwerke und Forsten
obenan stehen. Bayern und Württemberg haben außerdem ihre eigene Post und
Telegraphie, die ihnen Einnahmen verschaffen. Früher besaßen die Staaten
noch eine Reihe anderer gewerblicher Betriebe, jedoch hat man diese meist der
Privatindustrie überlassen, bis auf wenige Reste (Bürgerliches Bräuhaus in
München). Die Haupteinnahmen fließen jedoch aus den direkten Steuern, be-
sonders aus der jetzt fast überall eingeführten allgemeinen Einkommensteuer,
die in Bayern bereits bei 300 Mark, in Sachsen bei 400 Mark Jahreseinkom-=
men erhoben wird. Zumeist ist die Einrichtung getroffen, daß jeder Steuer-
pflichtige sein Einkommen selbst anzugeben hat (Deklaration). Auf Grund dieser
Selbsteinschätzung bestimmt eine besondere Kommission die Höhe der Steuer-
klasse. — Je höher die Steuerklasse, ein desto größerer Prozentsatz wird als
Steuer erhoben (progressive Besteuerung).
Da das Reich die Verwaltung der einzelnen Regierungszweige (Zoll, Ge-
richt usw.) den Einzelstaaten überlassen hat, bilden die Beamtengehälter und
die Ausgaben für Schule und Kirche in der Regel den größten Posten unter
den Ausgaben, in den Kleinstaaten sind auch die Kosten für den Monarchen
verhältnismäßig groß (bis zu ½ der Gesamteinnahmen).
In den Bundesstaaten muß, wie bei der Gemeinde, der Etat vom Land-
tage genehmigt werden. In Bayern, Hessen und Sachsen-Meiningen bewilligt
der Landtag nur die Steuern; in Sachsen, Sachsen-Weimar, Sachsen-Alten-
burg, Hamburg und Bremen wird der Etat nicht, wie in den anderen Staaten,
veröffentlicht. Die Aufstellung des Etats erfolgt in der Regel immer auf ein
Jahr im voraus, in Württemberg auf zwei, in Hessen und einer Reihe Klein-
staaten auf drei Jahre im voraus.