Art. 25.
Art. 2.
22 Das Finanzwesen.
nach der Auflösung müssen die Neuwahlen stattfinden, und innerhalb weiterer
30 Tage ist der neue Reichstag einzuberufen.
Betreffs der Aufgaben und Rechte des Reichstages, der Verhandlungen, der
Parteien und der persönlichen Rechtsstellung der Abgeordneten vergleiche S. 16.
Da die vom Reichstag und dem Bundesrat beschlossenen Gesetze allen
Landesgesetzen vorgehen, sind sie von großer Bedeutung und der Reichstag soll
sich bei ihrer Annahme nicht übereilen. Daher muß jeder vom Bundesrate
oder dem Reichstag selbst vorgeschlagene Gesetzentwurf dreimal beraten werden
(drei Lesungen), bevor er endgültig angenommen werden kann. Zwischen der
ersten und zweiten Lesung pflegen größere Gesetzentwürfe in besonderen Reichs-
tagskommissionen näher erörtert und unter Umständen geändert zu werden.
(Das gleiche gilt übrigens auch für Preußen.) Verbindliche Krast erhalten
die Gesetze jedoch erst durch ihre Verkündung im Reichsgesetzblatt.
VII. Das Finanzwesen.
1. Allgemeines. Wenn sich eine Anzahl junger Kaufleute zu einem Verein
zusammenschließt, muß jeder einzelne einen bestimmten Betrag zur Erhaltung
des Vereins beitragen. Dieser Beitrag kann gering sein, solange dem Verein
nur wenige Aufgaben zugewiesen sind, er wird aber um so mehr steigen, je
größer der Kreis der Vereinstätigkeit wird. Stellenvermittelung, Kranken= und
Unterstützungskassen, Vortragsabende usw. bieten den Mitgliedern viele An-
nehmlichkeiten, die der einzelne gegen eine verhältnismäßig niedrige Beitrags-
erhöhung sich verschaffen kann.
Ahnlich liegen die Verhältnisse in den öffentlichen Körperschaften (Stadt,
Staat und Reich). Auch hier hat sich der Kreis der Aufgaben ständig erweitert
und erfordert daher auch erhöhte Abgaben seitens der Untertanen. Daß hier-
bei indes das Kapital nutzbringend angelegt wird, beweist die Tatsache, daß die
Länder mit den höchsten Abgaben zu den wirtschaftlich am besten dastehenden zählen.
Im Mittelalter verfügte der Landesfürst über große Besitzungen, die zumeist
aus eroberten Landesteilen stammten. Daraus bestritt er seine Ausgaben und
erbat sich im Kriegsfalle Unterstützungen (Beden) von seinen Untertanen. Durch
die Trennung von Fürst und Staat im 15.—16. Jahrhundert und durch die stets
höher werdenden Staatsaufgaben, die Einrichtung des stehenden Heeres und des Be-
rufsbeamtentums wurde eine regelmäßige Einnahme aus den Mitteln der Staats-
angehörigen nötig. Hierzu dienten die Zölle und Regalien (Hoheitsrechte). Erst im
18. Jahrhundert gewinnen die direkten Abgaben und Steuern größere Bedeutung.
Im Gegensatz zur Privatwirtschaft haben sich im Staatshaushalt die Ein-
nahmen nach den Ausgaben zu richten. Die Regelung der Ausgaben, die Ein-
treibung, die Verwaltung und die Verwendung der Einnahmen werden als
Finanzwirtschaft bezeichnet. Der öffentliche Haushalt soll nicht mehr Einnahmen
haben, als Ausgaben zur Erhaltung seiner Macht (Heer und Marine, Ver-
waltung), zur Wirtschafts= und Wohlfahrtspflege nötig sind. Die Einnahmen
sind möglichst von den leistungsfähigen Einwohnern zu erheben; ihre Einziehung
kann durch öffentlichen Zwang erfolgen. Die übrigen Grundsätze des Finanz=
wesens sind bereits bei der Gemeinde und dem Einzelstaat erörtert worden.
2. Die Reichsfinanzen. Über die wichtigeren Ausgaben und Einnahmen
des Reiches verschafft uns die nachstehende Aufstellung einen Überblick.