Full text: Abriß der Staatsbürgerkunde.

Grundsätze des Rechtswesens. Bürgerliches Recht. 25 
VIII. Die Ordnung des Rechtswesens. 
1. Die Grundsätze des Rechtswesens. Als erster ungeschriebener Grund- 
satz aller Rechtsordnung gilt die Macht des Staates, allgemeine Rechtssätze an- 
zuordnen, die von der Gesamtheit der Bewohner zu befolgen sind. Sache jedes 
einzelnen ist es, sich Kenntnis dieser Rechtssätze zu verschaffen; denn Unkenntnis 
der Gesetze schützt nicht vor Strafe. Ein auf dem Wege der Gesetzgebung er- 
lassener Rechtssatz ist Gesetz im eigentlichen Sinne (formelles Gesetz), jedoch sind 
auch die an die Allgemeinheit gerichteten Anordnungen des Bundesrats, der 
öffentlichen Behörden und Körperschaften (Verordnungen), soweit sie Rechtssätze 
enthalten, dem Inhalt nach Gesetze. 
Während die Gesetze nur die allgemeinen Rechtsregeln geben, haben die Ge- 
richte die Aufgabe, sie auf den einzelnen Fall anzuwenden. Ihre Tätigkeit, die 
Rechtssprechung, wird durch wissenschaftlich vorgebildete Beamte, die Richter 
(vgl. S. 17), nach bestimmten Regeln (Prozeßordnung) ausgeübt. Handelt 
es sich um einen Streit, an dem die Allgemeinheit, d. h. der Staat kein In- 
teresse hat, so liegt ein Fall des Bürgerlichen oder Privatrechts vor (Zivil- 
prozeß), den die beiden streitenden Parteien miteinander auszutragen haben. 
Wird dagegen die Allgemeinheit durch einen Verstoß gegen die Gesetze (Straf- 
gesetze) an Eigentum oder Person gefährdet, so zieht der Staat durch seinen 
Vertreter, die Staatsanwaltschaft, den Täter zur Rechenschaft und bestraft ihn 
(Strafprozeß). über die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte vgl. Betr. 
Lehre S. 38. Eine Mittelstellung zwischen Privat-, Straf= und Verwaltungs- 
recht nimmt die Gewerbe-Ordnung ein (vgl. Gr. A. S. 124/130, Kl. A. S. 154). 
2. Hauptlehren und Verfahren im Bürgerlichen Recht. Vgl. hierüber 
zunächst das S. 3 Gesagte. Aus dem B. G. sind bereits in der Betr. Lehre 
behandelt worden: die wichtigsten allgemeinen Lehren (Gr. A. S. 8, Kl. A. S 19), 
der Vertrag und seine Arten (Gr. A. S. 13/15, 18, Kl. A. S. 27), die Zahlung 
(S. 26 bzw. S. 52), der Verzug (S. 36 bzw. S. 65), und die Mahnung (S. 37 
bzw. S. 70). Ferner gelangten dort zur Darstellung das Handels= und Wechsel- 
recht (S. 54/75 bzw. S. 81) und die Konkursordnung (S. 159/163 bzw. S. 184), 
sowie das Patentwesen (S. 158 bzw. S. 183). 
Es bleibt somit nur noch übrig, einen Blick auf das Sachenrecht zu werfen. 
Sachen im Sinne des B. G. sind nur körperliche Gegenstände, also keine B. 6. 3/90. 
Rechte (z. B. Patente). Sie werden getrennt in bewegliche und unbewegliche 
Sachen. Die wichtigsten unbeweglichen Sachen sind die Grundstücke und 
die auf ihnen errichteten Gebäude. Da es sich bei dem Eigentumsübergang 
eines Grundstückes an eine andere Person um einen Gegenstand von meist 
hohem Werte handelt und es im Interesse der Allgemeinheit liegt, klare Kenntnis 
von den Rechtsverhältnissen der Grundstücke zu haben, muß die Rechtänderung 3 6. 
im Grundbuche eingetragen werden, um rechtliche Wirkung zu haben. Das arundbuen- 
Grundbuch wird beim Grundbuchamt (Amtsgericht) geführt. Die darin ein, , 
getragenen Tatsachen gelten als bewiesen, solange der Gegenbeweis nicht er= 1897. 81. 
bracht wird. Die Belastung eines Grundstückes mit einer Hypothek gibt einem 8.C. 380½. 
anderen die Berechtigung, sich für seine Forderung aus dem Grundstück zu be= 8118. 
friedigen, d. h. das Grundstück haftet für die Forderung. Das Eigentum ist
	        
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