Full text: Die Finanz- und Zollpolitik des Deutschen Reiches.

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8 48. »Die Ausgaben für alle Maßregeln und Einrich- 
tungen, welche von reichswegen ausgeführt werden, 
sind von der Reichsgewalt aus den Mitteln des Reiches 
zu bestreiten.«. 
$ 49. »Zur Bestreitung seiner Ausgaben ist das Reich 
zunächst auf seinen Anteil an den Einkünften aus den 
Zöllen und den gemeinsamen Produktions- und Verbrauchs- 
steuern angewiesen. 
Besonders zu beachten aber ist die Zurückdrängung, die die 
Zentralgewalt durch die Abänderung des oben zitierten $ 49 er- 
litt. Auch dieser wurde in zwei Paragraphen zerlegt, die in ihrer 
endgültigen Fassung lauteten: 
$ 50. »Die Reichsgewalt hat das Recht, insoweit die 
sonstigen Einkünfte nicht ausreichen, Matrikularbeiträge 
aufzunehmen.« 
$ 5ı. »Die Reichsgewalt ist befugt, in außerordent- 
lichen Fällen Reichssteuern aufzulegen und zu erheben 
oder erheben zu lassen, sowie Anleihen zu machen oder 
sonstige Schulden zu kontrahieren.e 
Wenn die vorstehenden Artikel auch nicht frei von Unklar- 
heiten sind — kann man davon doch auch die heutige Reichs- 
verfassung nicht freisprechen — die Ziele sind klar: Wirtschaft- 
liche Einheit und finanzielle Selbständigkeit des neuen deutschen 
Reiches. Und das zeigt, daß bei allem Idealismus, der in allzu 
langen Reden und Verhandlungen über Grund- und Menschen- 
rechte Zeit und Kraft vergeudete, den Frankfurter Patrioten doch 
auch der Blick für die realistische Seite des Volks- und Staatslebens 
nicht fehlte. Aus Theorien, Schlagworten, Parteiprogrammen hatte 
in einer letzten stürmischen Gärung das seinen Niederschlag ge- 
funden, was der Wille des deutschen Volkes als seine politische 
und wirtschaftliche Lebensform fühlte und wollte. Staatsklugheit 
wie natürliches Empfinden ließen daher in gleichem Maße die 
Begründer des Norddeutschen Bundes — Regierungen und Volks- 
vertreter — hier die Anknüpfungspunkte suchen. 
Nachdem dem Werk der Nationalversammlung zunächst der 
äußere Erfolg versagt blieb, unternahmen die deutschen Regie- 
rungen einen Einigungsversuch, der in der Erfurter Unions- 
verfassung seinen Ausdruck fand. Diese sah ein weit föderali- 
stischer - gestaltetes Reichsfinanzwesen vor als die Frankfurter 
Verfassung. Die Denkschrift zu dem Verfassungsentwurf der 
»verbündeten Königlichen Regierungen von Preußen,
	        
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