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deutung beanspruchen; die weitaus überwiegende Mehrzahl ist
publizistischen Charakters und ohne jeden fachwissenschaftlichen
Wert. Besser steht es mit der Geschichte der deutschen Zoll-
und Handelspolitik, die wenigstens einige größere und wirklich
wertvolle Darstellungen aufweist, so vor allem die Schriften von
Lotz, Bazant und Matlekovits.
Die erste große Schwierigkeit des Quellenstudiums lag in
der Fülle des zu sichtenden Materials. Die einschlägigen Druck-
sachen und Verhandlungen des Reichstags sind in den Schriften
über Reichsfinanzfragen natürlich immer benutzt worden, aber nie
hat man auf die Finanzhaushalte der Einzelstaaten, die Druck-
sachen und Verhandlungen der Landtage zurückgegriffen. Die
Beziehungen zwischen Reichs- und Landesfinanzen sind aber von
jeher der Angelpunkt der Reichsfinanzpolitik gewesen. Es wurden
deshalb die Parlamentsberichte fast aller Einzelstaaten zu Rate ge-
zogen, und die Darstellung der Landesfinanzen als Hintergrund der
Reichsfinanzpolitik ist bewußt in ziemlicher Ausführlichkeit erfolgt.
Weiterhin wurde wenigstens für die entscheidenden Wen-
dungen der Reichsfinanz- und Zollpolitik 1879, 1893/95 usw. die
Presse in ausgiebigem Maße durchgesehen. Um sowohl die Partei-
meinungen in ihrer unmittelbaren Frische, wie die unabhängige
Augenblickskritik kennen zu lernen, haben die alten Bände der
Frankfurter Zeitung und der Kölnischen Zeitung, der Kölnischen
Volkszeitung und der Kreuzzeitung, der Münchener Allgemeinen
Zeitung und noch manche andere das Bild der Zoll- und Steuer-
kämpfe ihrer Tage enthüllen müssen. Verhandlungen von Inter-
essentenverbänden, Berichte der Handelskammern und dergl. boten
weitere Ergänzungen. Dazu kam dann die historisch-politische
Literatur: Biographien und Erinnerungen, Briefe und Aktenstücke
der Staatsmänner und Parlamentarier (Bismarck, Delbrück, von der
Heydt, Bennigsen, Lasker, Richter, Forkenbeck usw. usw.), wie sie
sich gesammelt und in Zeitschriften zerstreut vorfinden, wurden
auf ihren finanzgeschichtlichen Inhalt untersucht.
Die zweite Schwierigkeit war, auch Einsicht in jenes Material
zu erlangen, das sorgfältig behütet in Ministerien, Reichsämtern
usw. ruht. Zu meiner großen Freude gelang es mir, einsichtige
hohe Beamte zu finden, die mir auch das Studium der Akten und
Dokumente ihrer Ämter erlaubten. Und so konnten denn nicht
nur die Drucksachen und Protokolle des Bundesrats und die
Protokolle der Reichstagskommissionen eingesehen werden, sondern
ein großes handschriftliches Material wertvoller politischer Akten-