Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

v 28 Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 91 
  
3. Schließlich unterscheidet man noch als besondere Pflicht die Pflicht des 
achtungswürdigen Verhaltens, indessen ist diese Pflicht eigentlich schon in der 
Treupflicht inbegriffen. Das staatliche Dienstverhältnis erfordert, daß der Beamte seine 
Lebensführung so einrichtet, wie es Sitte und Taktgefühl verlangen s. 
II. Die Beschränkungen des Beamten. 
Namentlich zur Verhütung von Pflichtenkollisionen sind dem Beamten gewisse 
Beschränkungen? auferlegt: Der Beamte darf: a) Titel, Ehrenzeichen, Geschenke, 
Gehaltsbezüge oder Remunerationen von anderen Regenten oder Regierungen nur mit 
Genehmigung des Kaisers annehmen (§ 15 Abs. 1 B. G.) 10; b) keine Geschenke oder 
Belohnungen in bezug auf sein Amt ohne Genehmigung des Statthalters oder des 
Ministeriums annehmen 11 (§ 15 Abs. 2 B. G.); c) ohne vorgängige Genehmigung der 
obersten Landesbehörde kein Nebenamt oder eine mit fortdauernder Remuneration ver- 
bundene Nebenbeschäftigung führen bzw. leisten, kein Gewerbe treiben oder in den 
Vorstand, Verwaltungs= oder Aussichtsrat einer Erwerbsgesellschaft eintreten. Die 
erteilte Genehmigung ist jederzeit widerruflich (§ 16 B.G.) 12; d) ohne Genehmigung 
der vorgesetten Behörde kein außergerichtliches Gutachten als Sachverständiger abgeben 
(§ 12 I B.G.) . 
§ 23. Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. Pflichtwidriges Verhalten eines 
Beamten kann Rechtsfolgen nach dreierlei Richtungen nach sich ziehen: strafrechtliche, 
zivilrechtliche und schließlich der staatsrechtlichen Stellung des Beamten entsprechend 
disziplinarische Folgen. 
I. Die strafrechtlichen Folgen setzen den Tatbestand einer strafbaren Handlung, 
eines sogenannten Amtsverbrechens voraus. Man unterscheidet die eigentlichen und 
die uneigentlichen Amtsdelikte, je nachdem, ob fie nur von einem Beamten 
begangen werden können, oder ob der Beamtencharakter ein Verschärfungsgrund ist 1. 
II. Die zivilrechtlichen Folgen bestehen in einer Schadenersatzpflicht des 
Beamten; es bedarf hierzu des Nachweises, daß durch eine Pflichtverletzung des Beamten 
—.. 
  
s Daß Beamten die Teilnahme an Vereinen, deren Zwecke den staatlichen oder dienstlichen 
Interessen zuwiderlaufen, aus dienstlichen Gründen nntersagt werden kann, ist eigentlich selbst- 
verständlich. Auch was das „Recht der freien Meinungsäußerung“ anlangt, so hat 6c hierbei der 
Beamte diejenige Reserve aufzuerlegen, ohne welche eine geordnete Staatsverwaltung nicht möglich 
ist*. Er darf bei der öffentlichen Erörterung politischer Fragen nicht zu unsachlichen und perfön- 
lichen Angriffen und zu unwahren Behauptungen übergeben. Ist insbesondere ein Beamter publi- 
zistisch tätig, so muß er sich bei Vermeidung disziplinarischer Bestrafung hüten, Ausführungen zu 
machen, durch welche das Ansehen des Staales und seiner Organe untergraben und das Vertrauen 
zum Staat und seinen Einrichtungen erschüttert wird. Pr. O. V. G. bei Reger, E., 4. Erg. Bd. 
(1911) S. 180 u. S. 174. Hierbei ist es ohne Belang. ob die Schrift anonym erscheint oder ob sie 
der Verfasser als „Privatmann“ ausgearbeitet hat. In beiden Fällen verstößt er gegen die Treupflicht. 
Eine Beschränkung für Landesbeamte bei Eheschließung besteht nicht. 
10 Für Universitätsprofessoren bedarf es keiner Gnehmigung zur Annahme von Geschenken 
und Remunerationen. § 4 1 Ges. v. 18. Juni 1890 (G. Bl. S. 37). 
1 Ver. v. 22. Dez. 1891 (Ges. Bl. 1892 S. 1) § 1. Uber den Begriff des Nebenamts pgl. 
R.G. v. 1. Nov. 1912, „Recht“ 1913 S. 36. 
12 Eine Ausnahme machen die einstweilen in den Ruhestand versetzten Beamten und die 
Univerfitätsprofessoren. Ver. v. 22. Dez. 1891 § 1. · » 
13 Eine Pflicht zur Ablegung eines Zeugnisses und zur Erstattung gerichtlicher Gutachten 
besteht nur insoweit, als es mit dem dienstlichen Interesse verträglich ist. 
(§ 23] 1 Uneigentliche Amtsdelikte sind: §§ 174 3 2 u. 3, 347, 348 Abs. 1. 348 Abs. 2, 349, 
553 a Abs. 1, 350, 299, 356, 340, 341, 342, 128 Abs. 2, 129 Abs. 2, 316 Abs. 2, 818 Abf. 2, 
319, 358 Str.G. B. 
Eigentliche Amtsdelikte sind: §§ 331, 332, 334, 352, 353, 339, 348, 344, 345, 346, 336, 
337, 338, 351, 348, 357, 353 àa Abs. 2 Str. G. B. — Bgl. des Näheren Laband I S. 469 f. 
* In 3 16 des bayer. Beamtengesetes v. 16. Aug. 1908 wird dies besonders hervorgehoben. Val. Reindl, 
Komm. 53. d. gen. Ges., S. 86. Der Beamte darf die Bestrebungen einer Partei, welche die Grundlagen der bestehenden 
Rechts= oder Staats ordnung gKeundfähtich bekämpfen, nicht bewußt unterstützen oder fördern. Nur mit dieser Maßgabe 
ist ihm die politische Tätigkeit gestattet. Toch ist eine Pflichtverlezung nicht schon deswegen anzunehmen, weil der 
Beamte sich zu Anschauungen bekennt, velche denen der Staatsreglerung nicht entsprechen, und sich denen einer 
Oppofitionspartei anschließen. Pr. O. V. G. (Disz. Sen.) v. 24. Sept. 1000; Entsch. d O. V. G. (Sammlg.) Bd. 55 S. 467. 
*# Reichsgericht (Disziplinarhof) v. 4. Juli 1910; „Recht“ 14 Nr. 36980.
	        
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