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3. Schließlich unterscheidet man noch als besondere Pflicht die Pflicht des
achtungswürdigen Verhaltens, indessen ist diese Pflicht eigentlich schon in der
Treupflicht inbegriffen. Das staatliche Dienstverhältnis erfordert, daß der Beamte seine
Lebensführung so einrichtet, wie es Sitte und Taktgefühl verlangen s.
II. Die Beschränkungen des Beamten.
Namentlich zur Verhütung von Pflichtenkollisionen sind dem Beamten gewisse
Beschränkungen? auferlegt: Der Beamte darf: a) Titel, Ehrenzeichen, Geschenke,
Gehaltsbezüge oder Remunerationen von anderen Regenten oder Regierungen nur mit
Genehmigung des Kaisers annehmen (§ 15 Abs. 1 B. G.) 10; b) keine Geschenke oder
Belohnungen in bezug auf sein Amt ohne Genehmigung des Statthalters oder des
Ministeriums annehmen 11 (§ 15 Abs. 2 B. G.); c) ohne vorgängige Genehmigung der
obersten Landesbehörde kein Nebenamt oder eine mit fortdauernder Remuneration ver-
bundene Nebenbeschäftigung führen bzw. leisten, kein Gewerbe treiben oder in den
Vorstand, Verwaltungs= oder Aussichtsrat einer Erwerbsgesellschaft eintreten. Die
erteilte Genehmigung ist jederzeit widerruflich (§ 16 B.G.) 12; d) ohne Genehmigung
der vorgesetten Behörde kein außergerichtliches Gutachten als Sachverständiger abgeben
(§ 12 I B.G.) .
§ 23. Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. Pflichtwidriges Verhalten eines
Beamten kann Rechtsfolgen nach dreierlei Richtungen nach sich ziehen: strafrechtliche,
zivilrechtliche und schließlich der staatsrechtlichen Stellung des Beamten entsprechend
disziplinarische Folgen.
I. Die strafrechtlichen Folgen setzen den Tatbestand einer strafbaren Handlung,
eines sogenannten Amtsverbrechens voraus. Man unterscheidet die eigentlichen und
die uneigentlichen Amtsdelikte, je nachdem, ob fie nur von einem Beamten
begangen werden können, oder ob der Beamtencharakter ein Verschärfungsgrund ist 1.
II. Die zivilrechtlichen Folgen bestehen in einer Schadenersatzpflicht des
Beamten; es bedarf hierzu des Nachweises, daß durch eine Pflichtverletzung des Beamten
—..
s Daß Beamten die Teilnahme an Vereinen, deren Zwecke den staatlichen oder dienstlichen
Interessen zuwiderlaufen, aus dienstlichen Gründen nntersagt werden kann, ist eigentlich selbst-
verständlich. Auch was das „Recht der freien Meinungsäußerung“ anlangt, so hat 6c hierbei der
Beamte diejenige Reserve aufzuerlegen, ohne welche eine geordnete Staatsverwaltung nicht möglich
ist*. Er darf bei der öffentlichen Erörterung politischer Fragen nicht zu unsachlichen und perfön-
lichen Angriffen und zu unwahren Behauptungen übergeben. Ist insbesondere ein Beamter publi-
zistisch tätig, so muß er sich bei Vermeidung disziplinarischer Bestrafung hüten, Ausführungen zu
machen, durch welche das Ansehen des Staales und seiner Organe untergraben und das Vertrauen
zum Staat und seinen Einrichtungen erschüttert wird. Pr. O. V. G. bei Reger, E., 4. Erg. Bd.
(1911) S. 180 u. S. 174. Hierbei ist es ohne Belang. ob die Schrift anonym erscheint oder ob sie
der Verfasser als „Privatmann“ ausgearbeitet hat. In beiden Fällen verstößt er gegen die Treupflicht.
Eine Beschränkung für Landesbeamte bei Eheschließung besteht nicht.
10 Für Universitätsprofessoren bedarf es keiner Gnehmigung zur Annahme von Geschenken
und Remunerationen. § 4 1 Ges. v. 18. Juni 1890 (G. Bl. S. 37).
1 Ver. v. 22. Dez. 1891 (Ges. Bl. 1892 S. 1) § 1. Uber den Begriff des Nebenamts pgl.
R.G. v. 1. Nov. 1912, „Recht“ 1913 S. 36.
12 Eine Ausnahme machen die einstweilen in den Ruhestand versetzten Beamten und die
Univerfitätsprofessoren. Ver. v. 22. Dez. 1891 § 1. · »
13 Eine Pflicht zur Ablegung eines Zeugnisses und zur Erstattung gerichtlicher Gutachten
besteht nur insoweit, als es mit dem dienstlichen Interesse verträglich ist.
(§ 23] 1 Uneigentliche Amtsdelikte sind: §§ 174 3 2 u. 3, 347, 348 Abs. 1. 348 Abs. 2, 349,
553 a Abs. 1, 350, 299, 356, 340, 341, 342, 128 Abs. 2, 129 Abs. 2, 316 Abs. 2, 818 Abf. 2,
319, 358 Str.G. B.
Eigentliche Amtsdelikte sind: §§ 331, 332, 334, 352, 353, 339, 348, 344, 345, 346, 336,
337, 338, 351, 348, 357, 353 àa Abs. 2 Str. G. B. — Bgl. des Näheren Laband I S. 469 f.
* In 3 16 des bayer. Beamtengesetes v. 16. Aug. 1908 wird dies besonders hervorgehoben. Val. Reindl,
Komm. 53. d. gen. Ges., S. 86. Der Beamte darf die Bestrebungen einer Partei, welche die Grundlagen der bestehenden
Rechts= oder Staats ordnung gKeundfähtich bekämpfen, nicht bewußt unterstützen oder fördern. Nur mit dieser Maßgabe
ist ihm die politische Tätigkeit gestattet. Toch ist eine Pflichtverlezung nicht schon deswegen anzunehmen, weil der
Beamte sich zu Anschauungen bekennt, velche denen der Staatsreglerung nicht entsprechen, und sich denen einer
Oppofitionspartei anschließen. Pr. O. V. G. (Disz. Sen.) v. 24. Sept. 1000; Entsch. d O. V. G. (Sammlg.) Bd. 55 S. 467.
*# Reichsgericht (Disziplinarhof) v. 4. Juli 1910; „Recht“ 14 Nr. 36980.